Vorbeugende Medikationen bei Vorhofflimmern: mögliche Unterversorgung dementer Patienten mit Gerinnungshemmern
Original Titel:
Dementia correlates with anticoagulation underuse in older patients with atrial fibrillation.
Schlaganfällen vorzubeugen ist bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern eine Herausforderung. Die rückblickende Querschnittsstudie von Viscogliosi und Kollegen (2017) untersuchte, ob diagnostizierte Demenz mit geringerer Verschreibung von oral eingenommenen Gerinnungshemmern einhergeht.
Patienten mit Vorhofflimmern, die zu einer umfassenden geriatrischen Untersuchung überwiesen worden waren, wurden als Teilnehmer eingeladen. Die körperliche, soziale und geistige Gesundheit der Patienten wurde untersucht und in ihrer Gesamtheit klinisch bewertet (cumulative illness rating scale, CIRS). Die Alltagsfunktionen der Patienten wurden mit dem Barthel-Index bewertet. Mögliche Demenzfälle wurden durch zwei erfahrene Geriatriker abgeklärt. Der Schweregrad der Demenz wurde mit der Klinischen Demenzbewertungsskala (CDR) eingeschätzt.
Es nahmen 316 Patienten (mittleres Alter 74,7 Jahre, etwa zur Hälfte Frauen) mit hohem Schlaganfallrisiko teil: 77,5 % wiesen einen erhöhten Testwert bei der klinischen Risikoanalyse für Schlaganfall auf (CHA2DS2VASC ≥3). Nur Patienten mit geringem Blutungs- und Sturzrisiko sowie ohne neuropsychiatrische und Verhaltensauffälligkeiten wurden in die Studie aufgenommen. 60,1 % der Patienten erhielten Gerinnungshemmer. Von den Patienten mit Demenz (86 Patienten, knapp ein Drittel der Gesamtgruppe) erhielt etwa jeder fünfte nur mangelhafte Prophylaxen für Blutgerinnsel (d.h. Mittel zur Hemmung der Blutplättchenverklumpung, wie z.B. Aspirin). 38,5 % der dementen Patienten erhielten sogar keinerlei entsprechende Behandlung. Der Anteil der Patienten mit nichtausreichender oder fehlender Prophylaxe war größer mit größerem CDR-Wert. In der detaillierten Analyse zeigte sich, dass sowohl Demenz als auch der Schweregrad der Demenz mit mangelhafter Therapie für Blutgerinnsel einhergingen. Dies war unabhängig von anderen Faktoren wie dem Alter der Patienten, ob das Herzflimmern vorübergehend (paroxysmale Herzrhythmusstörung) oder dauerhaft vorlag oder ob die Patienten an weiteren Erkrankungen litten.
Die vorliegende Studie legt daher nahe, dass demente Patienten tendenziell für ein vorliegendes Herzflimmern unterbehandelt sein können, selbst wenn nichts gegen eine solche Behandlung spräche. Das Ausmaß dieser Problematik muss in weiteren Studien geklärt werden. Auch müssen eventuelle Hürden bei der Verschreibung von oralen Gerinnungshemmern für demente Patienten untersucht werden.
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