Weiblicher Resilienz auf der Spur: Organ-on-Chip-Technologie ermöglicht neue Einblicke
Dynamische Resilienz – dahinter verbirgt sich die Widerstandskraft menschlicher Körper gegenüber unvorhergesehenen Veränderungen oder Stressfaktoren. Ältere Menschen und speziell Frauen nach der Menopause sind aufgrund einer verminderten dynamischen Resilienz einem erhöhten Risiko ausgesetzt gravierende gesundheitliche Folgen zu erleiden als Reaktion auf äußere Stresssituationen wie Krebstherapien oder Infektionen. Der Frage, welche Rolle die weibliche Menopause auf die dynamische Resilienz bei Frauen spielt und wie präventive und therapeutische Maßnahmen dagegen entwickelt werden können, widmet sich eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Loskill.
Geschlechtsspezifische Ungleichheiten in der Alternsforschung
Das anspruchsvolle Forschungsprojekt zielt darauf ab, herauszufinden, wie Stoffwechsel, Immunsystem und dynamische Resilienz bei Frauen vor und nach der Menopause zusammenhängen und widmet sich damit in einzigartiger Weise den geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in der Altersforschung. „Derzeit besteht eine gravierende Lücke in unserer Fähigkeit die dynamische Resilienz kontrolliert und detailliert zu untersuchen. Unser Projekt zielt darauf ab diese Lücke zu schließen, indem wir eine Resilienz-on-Chip-Plattform entwickeln, welche fortschrittliche Technologie mit Fachwissen aus verschiedenen Bereichen kombiniert“, erklärte Prof. Dr. Peter Loskill, Leiter des Projekts und Brückenprofessor für Organ-on-Chip-Systeme zwischen der Eberhard Karls Universität Tübingen und dem NMI sowie Leiter des 3R-Centers Tübingen für In-vitro-Modelle und Tierversuchsalternativen.
Antworten liefern modernste Multi-Organ-on-Chip-Plattformen
Die Forscher:innen setzen zur Beantwortung ihrer ambitionierten Forschungsfragen auf die Kombination sogenannter Organ-on-Chip-Systeme mit Einzelzell-Genomik. Dabei werden hormonempfindliche Organe wie das weiße Fettgewebe, die Leber und lymphatisches Gewebe außerhalb des Körpers mit Zellen weiblicher Spenderinnen gezüchtet, in etwa 1 €-Stück-großen Polymerchips kultiviert und später durch künstliche Blutgefäße miteinander verbunden. Mit diesen Testplattformen können zentrale Erkenntnisse über das Zusammenspiel von Stoffwechsel, Immunsystem und dynamischer Resilienz bei Frauen vor und nach der Menopause gewonnen werden. Durch die Verwendung von Zellen von Frauen aus unterschiedlichen Lebensabschnitten können so Veränderungen des Immunstoffwechsels als Reaktion auf verschiedene Stressfaktoren untersucht und verglichen werden, wobei Bedingungen wie Chemotherapie, Hormonveränderungen und Infektionen simuliert und untersucht werden können.
Gemeinsam für eine verbesserte Frauengesundheit
Zum Team gehören, neben Loskills µOrganoLab auch die Co-Principal Investigators Dr. Roser Vento-Tormo vom Wellcome-Sanger-Institute in Cambridge, UK, Prof. Dr. Stefan Krauss von der Universität Oslo und Dr. Nicole Schneiderhan-Marra ebenfalls vom NMI. Ihre gemeinsamen Bemühungen versprechen Aufschluss darüber, wie Energiestoffwechsel, Immunreaktion und Entzündungen die Resilienz beeinflussen und wie sich diese Faktoren im Laufe des Lebens einer Frau entwickeln.
„Die geschlechtsspezifischen Lücken in der medizinischen Forschung zu schließen ist eine Priorität, und unser Projekt ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Wir sind entschlossen, unser gemeinsames Fachwissen zu nutzen, um positive Veränderungen voranzutreiben und das Leben von Frauen weltweit zu verbessern“, schloss Dr. Nicole Schneiderhan-Marra, Bereichsleiterin Pharma und Biotech am NMI.
Weitere Informationen:
www.organ-on-chip.uni-tuebingen.de
Website der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Peter Loskill mit Informationen zu allen laufenden Forschungsprojekten, dem aktuellen Forschungsstand sowie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die (Multi)Organ-on-Chip-Technologie.
Über das NMI:
Das NMI Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut in Reutlingen ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung und betreibt anwendungsorientierte Forschung an der Schnittstelle von Bio- und Materialwissenschaften. Es verfügt über ein einmaliges, interdisziplinäres Kompetenzspektrum für F&E- sowie Dienstleistungsangebote für regional und international tätige Unternehmen. Dabei richtet sich das Institut gleichermaßen an die Gesundheitswirtschaft sowie Industriebranchen mit werkstofftechnischen und qualitätsorientierten Fragestellungen wie Fahrzeug-, Maschinen- und Werkzeugbau.
Das Forschungsinstitut gliedert sich in zwei Geschäftsbereiche, die durch ein gemeinsames Leitbild miteinander verbunden sind: Die Suche nach technischen Lösungen erfolgt stets nach höchsten wissenschaftlichen Standards. Im Geschäftsfeld Pharma und Biotech unterstützt das NMI die Entwicklung neuer Medikamente mit biochemischen, molekular- und zellbiologischen Methoden. Neben analytischen Fragestellungen erforscht und entwickelt der Bereich Biomedizin und Materialwissenschaften Zukunftstechnologien wie die personalisierte Medizin und Mikromedizin für neue diagnostische und therapeutische Ansätze. Im Fokus des Dienstleistungsangebotes steht für Kunden die Strukturierung und Funktionalisierung von Werkstoffen und deren Oberflächen.
Über die Landesgrenzen hinaus ist das NMI für sein Inkubatorkonzept für Existenzgründer mit bio- und materialwissenschaftlichem Hintergrund bekannt.
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Das NMI Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut in Reutlingen wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg unterstützt und ist Mitglied der Innovationsallianz Baden-Württemberg, einem Zusammenschluss von 12 außeruniversitären und wirtschaftsnahen Forschungsinstituten.
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