Denkleistung bei Bipolarer Störung: Besser als erwartet
Original Titel:
Better than expected: the gap between self-reported and objective measures of cognitive performance in remitted bipolar disorder
Kurz & fundiert
- Objektive Denkleistung und Selbstwahrnehmung: Limitiert auch symptomfreie Bipolare Störung das Denken?
- Aufmerksamkeit, verbale Fähigkeiten, Kontrollfunktion und Selbstwert
- 26 Patienten (15 Bipolar Typ 1) und 24 Kontrollen ab 18 Jahren
- Denkleistung bei Bipolarer Störung: Besser als erwartet
Zu Beeinträchtigungen der kognitiven Funktion, also der Denkleistung, kommt es bei Menschen mit der Bipolaren Störung häufig während akuter Stimmungsschwankungen. Ob die objektive und die selbst-wahrgenommene Denkleistung aber in symptomfreien Phasen (Remission) auffällig sind, ist auf der Basis bisheriger Studien unklar. Auch ist nicht geklärt, welche Faktoren in diesem Kontext eine Rolle spielen.
Objektive Denkleistung und Selbstwahrnehmung: Limitiert auch symptomfreie Bipolare Störung das Denken?
Die vorliegende Querschnitts-Studie verglich kognitive Leistungen bei erwachsenen Personen mit Bipolarer Störung und gesunden Kontrollpersonen anhand objektiver Messungen und selbstberichteten Einschätzungen. Sogenannte exekutive Funktionen untersuchten die Wissenschaftler mit Hilfe von Aufmerksamkeitstests wie einem Go/No-go-Test und dem Stroop-Test:- Go/No-Go: Rasch abwechselnd gezeigte Symbole (z. B. + und x) werden betrachtet. Bei einem der Symbole soll der Teilnehmer reagieren (z. B. eine Taste drücken), taucht das andere Symbol auf, dagegen die Reaktion unterdrücken (keine Taste drücken). Diese Aufgabe erfordert viel Aufmerksamkeit.
- Stroop-Test: Werden Farbwörter („Rot“, „Blau“) in ihren jeweiligen Farben angezeigt, kann die Farbe leicht genannt werden. Das Vorlesen des Wortes erfolgt jedoch automatisiert und rascher. Sind die Wörter in anderen Farben dargestellt (z. B. das Wort „Rot“ in blau), muss mehr Aufmerksamkeit verwendet werden, um die Farbe (nicht das Wort) zu nennen.
Aufmerksamkeit, verbale Fähigkeiten, Kontrollfunktion und Selbstwert bei 26 Patienten und 24 Kontrollen
An der Studie nahmen 26 Erwachsene mit Bipolarer Störung in Remission, davon 15 mit Bipolarer Störung Typ 1, und 24 gesunde Kontrollpersonen teil. Die Teilnehmergruppen unterschieden sich nicht signifikant in demographischen Aspekten wie Alter, Geschlecht und Schulbildung. Auch in Bezug auf Drogenmissbrauch oder Rauchen unterschieden sich die Teilnehmergruppen nicht. Bipolare Teilnehmer unterschieden sich nicht signifikant in ihrer Denkleistung von den Kontrollpersonen, weder in der exekutiven Funktion oder anderen objektiv ermittelten kognitiven Funktionen. Die Patienten mit Bipolarer Störung schätzten ihre Denkleistung selbst jedoch signifikant geringer ein. Gleichzeitig konnte ein im Schnitt geringeres Selbstwertgefühl bei den bipolaren Teilnehmern im Vergleich zu den Kontrollen ermittelt werden. Das Selbstwertgefühl war der stärkste Vorhersagefaktor bei den Kontrollpersonen für die Selbsteinschätzung der kognitiven Funktion. Bei Teilnehmern mit Bipolarer Störung war hingegen der Schweregrad der Erkrankung und unterschwellige depressive Stimmung die wesentlichen Vorhersagefaktoren.Denkleistung bei Bipolarer Störung: Besser als erwartet
Die Studienergebnisse demonstrieren, dass Menschen mit Bipolarer Störung ohne akute Symptome der Erkrankung nicht kognitiv beeinträchtigt sein müssen. Jedoch können leichte depressive Symptome und ein niedrigeres Selbstwertgefühl die Selbsteinschätzung der Denkleistung senken. Bei Patienten mit Bipolarer Störung sollte demnach, wenn gefühlt Beeinträchtigungen der Denkleistung bestehen, nicht nur kognitives Training im Mittelpunkt stehen, sondern der Selbstwert gefördert und eventuelle depressive Symptome behandelt werden.© Alle Rechte: HealthCom