miRNAs als Zielmoleküle gegen Stoffwechselkrankheiten
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert in den kommenden zwei Jahren das Projekt ComboMiR mit einer Million Euro. Ziel ist es, microRNAs als neue Ansatzpunkte für die Therapie von Stoffwechselkrankheiten zu nutzen. Koordiniert wird das Vorhaben am Helmholtz Zentrum München, wo rund 500.000 Euro verbleiben.
Diabetes ist eine der großen Volkskrankheiten in Deutschland – Schätzungen zufolge ist etwa jeder zehnte betroffen. Zwar lässt sich der Blutzuckerspiegel medikamentös kontrollieren, dennoch treten bei zahlreichen Patienten im späten Stadium Nerven- und Gefäßschäden auf, die sich bislang kaum verhindern und nur unzureichend therapieren lassen. „Betroffene Patienten sehen sich schließlich komplexen Medikationsplänen ausgesetzt, um gleichzeitig Blutzucker und -fette einzustellen und die Symptome der Spätschäden zu behandeln“, so Prof. Dr. Stephan Herzig, Direktor des Instituts für Diabetes und Krebs am Helmholtz Zentrum München, der das Projekt koordiniert.
Die Wissenschaftler haben nun eine Gruppe sogenannter MikroRNAs* (MiRs) identifiziert, das eine zentrale Rolle bei der Stoffwechselregulation spielt. MikroRNAs sind eine Klasse von Molekülen, die aus kurzen Abfolgen von RNA-Bausteinen bestehen. Anders als bei der Proteinsynthese wird die RNA aber hier nicht für den Aufbau von Molekülen benötigt. Im Gegenteil: viele MiRs sind in der Lage, den Aufbau von bestimmten Proteinen zu verhindern, indem sie die entsprechende Bauplan-RNA abbauen.
Die Ausschaltung einzelner solcher MiRs durch sogenannte Tough Decoys (TDs)* führte im Experiment bereits zur Senkung von Blutzucker beziehungsweise Blutfetten. Durch gezieltes Design der TDs können parallel mehrere MiRs mit einem TD Molekül blockiert werden. Hierzu werden die Forscherinnen und Forscher die TDs in biologisch abbaubare Transportvehikel verpacken, die es ermöglichen, MiRs organspezifisch zu beeinflussen.
Ebenfalls an dem Projekt beteiligt sind die Universitätskliniken in Leipzig und Heidelberg. Durch die Nähe zur angewandten Medizin soll die klinische Relevanz anhand gut charakterisierter Patientenkollektive unmittelbar im Projekt demonstriert werden.
„Auf diese Weise könnten zukünftig individuell auf Patienten zugeschnitten mehrere Stoffwechselwerte mit einem einzelnen biologischen Präparat eingestellt werden“, erläutert Koordinator Herzig das Projektziel. „Dadurch besteht die Möglichkeit, die Behandlung und zur Vorbeugung von Diabetes und dessen Spätschäden substantiell zu verbessern.“
Weitere Informationen
* Bei Tough Decoys (TDs) handelt es sich um neuartige RNA-Oligonukleotide, die mittels spezifischer Bindesequenzen Mikro RNAs (MiRs) neutralisieren können. Ihre spezielle räumliche Struktur erlaubt es, Antisense-Sequenzen für zahlreiche MiRs in einem TD-Molekül zu kombinieren und damit gleichzeitig mehrere dieser regulatorischen RNAs zu binden. Da TDs unempfindlich gegen Abbau durch Nukleasen sind, erlaubt ihr Einsatz die dauerhafte Inhibition spezifischer MiRs. Referenz: Haraguchi et al 2009
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. http://www.helmholtz-muenchen.de
Das Institut für Diabetes und Krebs (IDC) ist Mitglied des Helmholtz Diabetes Zentrums (HDC) am Helmholtz Zentrum München und Partner im gemeinsamen Heidelberg-IDC Translationalen Diabetes-Programm. Das Institut für Diabetes und Krebs ist eng in das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und in den Sonderforschungsbereich (SFB) „Reaktive Metaboliten und Diabetische Komplikationen“ an der Medizinischen Universität Heidelberg integriert. Das IDC erforscht die molekularen Grundlagen schwerer metabolischer Erkrankungen, wie dem Metabolischen Syndrom und Typ 2 Diabetes, und deren Bedeutung für die Tumorentstehung und -progression. http://www.helmholtz-muenchen.de/idc
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