Hormonstörung durch Limo

Original Titel:
Fructose intake from sugar-sweetened beverages is associated with a greater risk of hyperandrogenism in women: UK Biobank cohort study

Kurz & fundiert

  • Fruktose: Mehrarbeit für die Leber, mit Einfluss auf Stoffwechsel und Hormonsysteme
  • Spielt die Fruktose-Quelle eine Rolle für hormonelle Folgen?
  • Beobachtungsstudie mit 136 384 Personen, genetische Assoziationsstudie mit 383 392 Personen
  • Befragung zu Ernährung: Obst, Fruchsaft, zuckergesüßte Getränke
  • Analyse zu Genvariante mit Störung des Fruktoseabbaus
  • Niedrigeres Risiko für Hyperandrogenismus bei Frauen mit Früchten, höher mit Limo
  • Schon ein Glas Limonade täglich steigert Hyperandrogenismus-Risiko um 2 %
  • Genvariante verhindert Abbau von Fruktose: Seltener Akne und erhöhte Testosteronspiegel

 

MedWiss Der Konsum von täglich 10 g Fruktose aus zuckergesüßten Getränken, entsprechend einer Menge von etwa 200 ml, erhöhte das Risiko für Hyperandrogenismus (erhöhte Testosteronspiegel) bei Frauen um 2 %. Fruktose aus Früchten senkte das Risiko hingegen.


Die steigende Einnahme von in Nahrungsmitteln und Getränken zugesetztem Zucker stellt ein globales Problem dar. Mit zu viel Zucker geht ein höheres Risiko für Erkrankungen wie Adipositas, Typ-2-Diabetes, nicht-alkoholische Fettleber-Erkrankung (NAFLD oder MASLD, metabolic dysfunction-associated steatotic liver disease), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Darmkrebs einher. Besonders Fruktose wird als möglicherweise besonders problematisch angesehen.

Fruktose: Mehrarbeit für die Leber, mit Einfluss auf Stoffwechsel und Hormonsysteme

Fruktose wird in der Leber verarbeitet und kann dort die Bildung von Fetten (Lipogenese) steigern und die Produktion von geschlechtshormonbindenden Globulinen (SHBG, sex hormone–binding globulin) hemmen. Dies wiederum kann sich auf den Testosteronspiegel auswirken. Bei Frauen mit dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) ist der Testosteronspiegel erhöht (Hyperandrogenismus), mit komplexen Effekten auf Zyklus, Fruchtbarkeit und Stoffwechsel. Wissenschaftler analysierten nun, ob eine vermehrte Einnahme von Fruktose mit PCOS-Symptomen assoziiert werden kann und welche Rolle die Fruktose-Quelle spielt.

Spielt die Fruktose-Quelle eine Rolle für hormonelle Folgen?

Die Beobachtungsstudie und Analyse genetischer Zusammenhänge nutzte Daten der UK Biobank, um den Einfluss von Fruktosekonsum auf den SHBG-Spiegel, Testosteron und das Risiko für Hyperandrogenismus (freier Androgen-Index > 4,5) zu ermitteln. Dabei betrachteten die Wissenschaftler die gesamte Fruktoseaufnahme, Fruktose nur aus Obst, aus Fruchtsäften sowie aus zuckergesüßten Getränken. Darüber hinaus analysierten sie Personen mit einer Genvariante (rs2304681) des Enzyms Ketohexokinase, die zu einem gestörten Fruktosestoffwechsel führt. Wieviel Fruktose die betrachteten Personen aufnahmen, wurde anhand einer Befragung zu den in den letzten 24 Stunden eingenommenen Nahrungsmitteln erfasst (206 Nahrungsmittel und 32 Getränke).

Beobachtungsstudie mit 136 384 Personen, genetische Studie mit 383 392 Personen

Die Beobachtungsstudie umfasste Daten von 136 384 Personen (51 % Männer, 49 % Frauen) im durchschnittlichen Alter von 56 Jahren (+/- 8 Jahre). Weniger als jede 10. Frau (7,9 %) wandten Östrogene an, 56,9 % der Frauen waren postmenopausal und bei 8,4 % wurde ein biochemischer Hyperandrogenismus festgestellt. Im Mittel nahmen die untersuchten Personen täglich 2,1 g Fruktose aus Früchten und 0 g Fruktose aus zuckergesüßten Getränken zu sich.

Die Gesamtmenge an Fruktose und die Menge an Fruktose aus Früchten waren mit höheren SHBG-Werten im Blut und niedrigerem freien Testosteron sowohl bei Männern als auch bei Frauen assoziiert. Bei Frauen stand dies zudem mit einem niedrigeren Risiko für Hyperandrogenismus in Zusammenhang. Stammte dagegen die aufgenommene Fruktose aus mit Zucker gesüßten Getränken (mindestens 10 g/Tag), stand dies mit niedrigeren SHBG-Spiegeln bei beiden Geschlechtern sowie mit höherem freien Testosteronspiegel und höherem Risiko für Hyperandrogenismus bei Frauen in Zusammenhang (Odds ratio, OR: 1,018; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,01 – 1,03).

Niedrigeres Risiko für Hyperandrogenismus bei Frauen mit Früchten, höher mit Limo

Die genetische Assoziationsstudie schloss Daten von 383 392 Personen ein. Träger der Genvariante rs2304681 A, die auf einen gestörten Fruktosestoffwechsel schließen lässt, wiesen bei beiden Geschlechtern höhere SHBG-Spiegel auf. Frauen mit dieser Genvariante hatten einen niedrigeren Spiegel freien Testosterons und ein niedrigeres Risiko für biochemischen Hyperandrogenismus (OR: 0,997; 95 % KI: 0,96 – 0,999). Sowohl Frauen als auch Männer mit dieser Genvariante litten seltener unter Akne (OR: 0,975; 95 % KI: 0,96 – 0,999).

Die Analyse zeigte, dass der Konsum von täglich mindestens 10 g Fruktose aus zuckergesüßten Getränken, entsprechend einer Menge von mindestens 200 ml, das Risiko für Hyperandrogenismus bei Frauen um 2 % erhöhte.

Genvariante verhindert Abbau von Fruktose: Seltener Akne und erhöhte Testosteronspiegel

Eine Risikosteigerung von 2 %, schreiben die Autoren, erscheint gering – jedoch ist die Menge an Limonade, die hierbei relevant ist, ebenfalls gering. Eine entsprechende Lebensstilveränderung, auf ein Glas Limo am Tag zu verzichten, sei demnach einfach umzusetzen. Die hier untersuchte Genvariante, zeigten vorherige Studien, steht zudem in Zusammenhang mit Schutz vor Fettlebererkrankung, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung (KHK) und Darmkrebs. Weniger Fruktose mit zuckergesüßten Getränken zu sich zu nehmen könnte demnach auch weitere gesundheitliche Vorteile haben.

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