Behandlungsalternative bei chronisch myeloischer Leukämie: Stammzelltransplantation und Imatinib-Behandlung
Original Titel:
Reduced-intensity allogeneic hematopoietic stem cell transplantation combined with imatinib has comparable event-free survival and overall survival to long-term imatinib treatment in young patients with chronic myeloid leukemia
Eine chronische myeloische Leukämie (CML) verläuft im Allgemeinen in drei Phasen: Zu Beginn, meistens nach der Diagnose, spricht man von der chronischen Phase, gefolgt von einer Übergangsphase, in der sich das Blutbild verschlechtert und mehr krebsartige Blutzellen vorzufinden sind. Die letzte Phase ist die tödlich endende Blastenkrise, in der die Anzahl der Blutkrebszellen im Blut und im Knochenmark stark ansteigt. Das Mittel der Wahl zur Behandlung von CML ist derzeit die Substanz Imatinib. Damit kann in der chronischen Phase ein guter Krankheitsrückgang erreicht und das Fortschreiten der Erkrankung langfristig gestoppt werden. Patienten, die eine bestimmte genetische Veränderung im Erbgut der Blutzellen tragen (Mutation), profitieren allerdings nicht von einer Behandlung mit Imatinib. Außerdem wurde beobachtet, dass einige Patienten nach längeren Behandlungszeiträumen eine Resistenz gegen Imatinib entwickelten, d. h., dass das Medikament nicht mehr wirksam war. In diesen Fällen könnte die Transplantation von Blutstammzellen eine geeignete Therapiemöglichkeit darstellen.
Bevor eine Transplantation von Stammzellen erfolgen kann, muss der Patient entsprechend vorbehandelt werden. Dazu erfolgt eine sogenannte Konditionierung, wobei mit einer Chemotherapie die krankhaften Zellen im Knochenmark und im Blut abgetötet werden und Platz für die neuen Stammzellen geschaffen wird. Früher wurde für diese chemotherapeutische Vorbehandlung eine möglichst hohe Dosis angestrebt. Heutzutage geht der Trend zu einer reduzierten, möglichst minimalen Dosis, um die Nebenwirkungen der Chemotherapie gering zu halten. Man spricht dabei von Intensitäts-reduzierter Stammzelltransplantation.
Die Wahrscheinlichkeit, mit der Patienten langfristig auf eine Therapie ansprechen, wird häufig mithilfe bestimmter Einflussgrößen bestimmt, die in Punkte (Score) umgerechnet und addiert werden. Eine hohe Punktzahl bedeutet meistens ein erhöhtes Risiko. Für CML-Patienten, die eine Chemotherapie bekommen, wird dafür der sogenannte Sokal-Score verwendet. Dabei spielen das Alter des Patienten, die Größe der Milz und das Blutbild, insbesondere die Anzahl der bösartigen Blutkrebszellen, eine maßgebliche Rolle. Bei einer Stammzelltransplantation werden Eigenschaften des Spenders und des Empfängers, das Stadium der Erkrankung und die Dauer bis zur Transplantation bestimmt. Dann wird daraus der sogenannte EBMT-Score berechnet, um das individuelle Risiko eines CML-Patienten abzuschätzen. Die Vorzüge von Stammzelltransplantationen mit einer reduzierten Intensität der vorausgehenden Chemotherapie wurden seit dem Einsatz von Imatinib bei CML bisher noch nicht konkret bewertet.
In einer neuen Studie wurde an 130 CML-Patienten in früher und später chronischer Phase die Wirksamkeit einer Stammzelltransplantation mit reduzierter Chemotherapie (Intensitäts-reduzierte Stammzelltransplantation) zusammen mit Imatinib (42 Patienten) gegenüber einer alleinigen Behandlung mit Imatinib (88 Patienten) verglichen. Die Untersuchung zeigte, dass die 10-Jahres-Überlebensrate und das krankheitsfreie Überleben, also die Zeitspanne zwischen Krankheitsrückgang und erneutem Auftreten der Krankheit, in beiden Therapien insgesamt vergleichbar gut waren. Für das Überleben der Patienten in der späten chronischen Phase war es ungünstig, wenn das Risiko, also der Sokal-Score, erhöht war und wenn nach 3 Monaten noch kein Krankheitsrückgang erreicht wurde. Bemerkenswert war, dass die Zeit von der Diagnose bis zum Beginn der Imatinib-Behandlung ein maßgeblicher Faktor in der von den Forschern verwendeten statistischen Berechnung, der sogenannten Multivarianten-Analyse, war. Insgesamt führten zwar beide Behandlungsweisen zu ähnlichen Überlebensraten, allerdings erlitten die Patienten unter alleiniger Imatinib-Behandlung häufiger Krankheitsrückfälle in den 10 Jahren nach der Therapie als die Patienten mit Stammzelltrasnplantation plus Imatinib. Das krankheitsfreie Überleben unter alleiniger Imatinib-Behandlung betrug nur 40,8 % im Vergleich zu 66,7 % bei Stammzelltransplantation kombiniert mit Imatinib. Wie zu erwarten war, zeigten Patienten mit einem niedrigen Transplantations-Risiko, also einem niedrigen EBMT Score, eine bessere Überlebensrate (92,9 %) als Patienten mit einem erhöhten Risiko (69,2 %). Patienten in der frühen chronischen Phase erzielten mit der alleinigen Imatinib-Behandlung Therapieerfolge, die der Stammzelltransplantation zusammen mit Imatinib sehr ähnlich waren. Zehn Jahre nach der Therapie mit Imatinib allein lag die Überlebensrate bei 77,2 % und nach der Stammzelltransplantation zusammen mit Imatinib bei 81,6%. Insgesamt überlebten 93,8 % der Patienten mit Imatinib und 87,9 % bei Stammzelltransplantation kombiniert mit Imatinib.
Die Studie macht deutlich, dass die Stammzelltransplantation kombiniert mit Imatinib hinsichtlich des Gesamtüberlebens und des krankheitsfreien Überlebens mit der alleinigen Imatinib-Behandlung vergleichbar ist. Allerdings war die Stammzelltransplantation zusammen mit Imatinib über einen Zeitraum von 10 Jahren erfolgreicher als die alleinige Imatinib-Behandlung. Besonders für CML-Patienten mit geringem Risiko (niedrigem EBMT-Score) könnte eine Stammzelltansplantation mit intensitäts-reduzierter Chemotherapie eine geeignete Behandlungsmethode darstellen und die Heilungschancen erhöhen.
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