Einfluss der Strahlentherapie und der Prostataentfernung auf die Körperfunktionen – Welche Rolle spielt der Schweregrad der Erkrankung?
Original Titel:
Effect of Prostate Cancer Severity on Functional Outcomes After Localized Treatment: Comparative Effectiveness Analysis of Surgery and Radiation Study Results
MedWiss – Wissenschaftler untersuchten, ob die Nebenwirkungen der Bestrahlung oder der operativen Prostataentfernung von dem Risiko, welches von dem Prostatakrebs ausgeht, abhängt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Niedrigrisiko-Patienten eine bessere sexuelle Funktion hatten, wenn sie sich bestrahlen statt operieren ließen. Bei Patienten mit einem höheren Risiko und in Bezug auf die Harnkontinenz und Darmprobleme konnte jedoch kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsmethoden festgestellt werden.
Patienten mit einem lokalen, auf die Prostata beschränkten Prostatakrebs werden in erster Linie mit einer Operation oder einer Strahlentherapie behandelt. Welche Behandlung für welchen Patienten die Beste ist, lässt sich bisher nicht eindeutig sagen. Der PSA (prostataspezifisches Antigen)-Wert, das Ausmaß und die Aggressivität des Tumors können hier jedoch Hinweise geben. Diese Faktoren bestimmen, welcher Risikogruppe der Patient zugeordnet wird. Es liegt der Verdacht nahe, dass sich die Auswirkungen der Behandlung auf bestimmte Körperfunktionen, wie Kontinenz oder Erektionen, je nach Risikogruppe unterscheiden. So können Patienten mit einem hohen Risiko beispielsweise oft nicht nervenschonend operiert werden, wie es bei den Patienten mit einem niedrigen Risiko häufig der Fall ist. Dies wirkt sich natürlich auf die sexuelle Funktion aus. Eine detaillierte Betrachtung, ob sich die Risiko-Klassifizierung darauf auswirkt, wie stark die Körperfunktionen durch eine Prostataentfernung oder durch eine Strahlenbehandlung beeinträchtigt wird, gab es bisher noch nicht.
Wissenschaftler untersuchten mehr als 2000 Männer mit einem lokal begrenzten Prostatakrebs
Dies holte nun ein Forscherteam aus den USA nach. Die Wissenschaftler untersuchten, ob der Einfluss, den eine Operation oder eine Strahlentherapie auf die Körperfunktionen hat, bei Patienten aus unterschiedlichen Risikogruppen verschieden ist. Hierzu untersuchten sie 2117 Männer, bei denen der Prostatakrebs noch lokal begrenzt war und noch keine Absiedlungen (Metastasen) gebildet hatte. Die meisten von ihnen (902 Männer) hatten ein mittleres Risiko, während 817 zu den Niedrigrisiko- und 398 zu den Hochrisiko-Patienten zählten. Der Niedrigrisiko-Prostatakrebs zeichnete sich dadurch aus, dass der Tumor noch auf die Prostata beschränkt war, dass er einen Gleason-Wert von höchsten 6 hatte und dass der Patient einen PSA-Wert von unter 10 ng/dl aufwies. Patienten hatten ein mittleres Risiko, wenn bei ihnen der Prostatakrebs zwar noch auf der Prostata beschränkt war, sich dort jedoch schon weiter ausgebreitet hatte, wenn der Tumor einen Gleason-Score von 7 hatte und wenn der PSA-Wert zwischen 10 und 20 ng/dl lag. Zu den Hochrisiko-Patienten zählten hingegen die Patienten, deren Prostatakrebs beide Prostatalappen befallen hatte, jedoch noch auf die Prostata begrenzt war, die einen Gleason-Score von mindestens 8 und einen PSA-Wert von mehr als 20 ng/dl aufwiesen. Um den Prostatakrebs zu behandeln, ließen sich die Männer entweder die Prostata entfernen oder sie unterzogen sich einer äußerlichen Strahlentherapie. Sowohl zu Beginn der Therapie als auch nach 6, 12 und 36 Monaten füllten die Männer einen speziellen Fragebogen über ihre krankheitsbezogenen Körperfunktionen aus.
Niedrigrisiko-Patienten könnten bezüglich ihrer sexuellen Funktion von einer Strahlentherapie statt Operation profitieren
Auffällig war, dass Niedrigrisiko-Patienten nach 3 Jahren von einer besseren sexuellen Funktion berichteten, wenn sie anstelle der Operation mit einer äußerlichen Strahlentherapie behandelt wurden. Bei Hochrisiko-Patienten konnte dieser Unterschied zwischen den beiden Behandlungsmethoden jedoch nicht festgestellt werden. Dies galt auch, wenn speziell nur die Erektionsfähigkeit betrachtet wurden. Auch in diesem Fall konnten nach 3 Jahren keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen ausgemacht werden, egal zu welcher Risiko-Gruppe sie gehörten. Was die Kontinenz anging, so hatte der Schweregrad der Erkrankung ebenfalls keinen Einfluss auf die Wirkung der Behandlung. Auch in Bezug auf Darmprobleme und Hormone wirkte sich der Schwergrad der Erkrankung nicht auf das Behandlungsergebnis aus.
Männer mit einem Niedrigrisiko-Prostatakrebs berichtete drei Jahre nach Beginn der Therapie von einer besseren sexuellen Funktion, wenn sie sich für die äußerliche Strahlentherapie statt für eine operative Entfernung der Prostata entschieden hatten. Diese galt jedoch nicht für Männer mit einem Hochrisiko-Prostatakrebs. Bei ihnen spielte es hinsichtlich der sexuellen Funktion keine Rolle, ob sie sich operieren oder bestrahlen ließen. Männer mit einem Hochrisiko-Prostatakrebs sollten darüber aufgeklärt werden, dass die Prostataentfernung und die Strahlentherapie 3 Jahre nach Therapiebeginn ähnliche Auswirkungen auf die sexuelle Funktion haben und dass sie möglicherweise nach der Strahlentherapie stärker beeinträchtigt sind als Patienten mit einem Niedrigrisiko-Prostatakrebs.
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