Jährlich mehr als 1,3 Millionen Unfälle und Verletzungen bei Schulpflichtigen

Unfälle und Verletzungen stellen die häufigste Todesursache bei Kindern und Jugendlichen dar. Im Jahr 2016 ereigneten sich mehr als 1,3 Millionen Unfälle und Verletzungen in der Schule oder auf dem Schulweg, 41 hiervon endeten tödlich. Auch die Längsschnittstudie Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter (GUS) zeigt: Mehr als jede/-r fünfte Schüler/-in gibt an, im vergangenen Jahr mindestens eine Verletzung in der Schule oder auf dem Schulweg erlitten zu haben, die eine medizinische Behandlung erforderte. Die Studie wird im Zeitraum 2013 – 2020 vom Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) durchgeführt. Sie wird durch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) gefördert.

„Zwar handelt es sich bei den weitaus meisten dieser Verletzungen um Prellungen, Verstauchungen oder Zerrungen und nur vergleichsweise selten um Frakturen oder andere gravierende Verletzungen, wie Gehirnerschütterungen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Klocke, Leiter des FZDW, „dennoch ist das schon eine erhebliche Größenordnung und zeigt, welch große Rolle Unfälle und Verletzungen im Kindes- und Jugendalter spielen.“ Das FZDW befragt im Rahmen der Studie jährlich rund 10.000 Schüler/-innen an rund 150 weiterführenden Schulen in 14 Bundesländern. Die wichtigste Frage bei GUS ist die nach erlittenen Verletzungen im Schulkontext in den letzten 12 Monaten. Dabei wurden die Schüler/-innen gebeten, nur jene Verletzungen anzugeben, die sich an einem Ort mit Schulbezug (z.B. auf dem Schulhof, im Schulsport und oder auf dem Schulweg) ereignet haben und die eine medizinische Behandlung erforderten.

Genau an dieser Stelle setzt das Projekt an, indem es versucht, Impulse für die schulische Unfallprävention zu liefern. „Dafür muss man aber wissen, welche Ursachen Unfälle und Verletzungen im schulischen Kontext aufweisen“, erklärt Klocke. Auch wenn Pech und Zufall bei Schulunfällen naturgemäß eine entscheidende Rolle spielen, so haben die Forscherinnen und Forscher durch die GUS-Studie bereits erste Hinweise für systematische Einflüsse finden können. So verletzen sich Kinder und Jugendliche häufiger, die vermehrt unter Konzentrationsstörungen leiden und sich häufiger traurig oder deprimiert fühlen. Auch der Schlaf spielt für Unfälle und Verletzungen eine wichtige Rolle: „Kinder, die weniger schlafen oder einfach schlechter schlafen – also beispielsweise angeben, nachts häufiger aufzuwachen und dann nicht direkt wieder einzuschlafen – tragen ein signifikant höheres Risiko von Schulunfällen und -verletzungen“, so Dr. Sven Stadtmüller, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZDW. Schließlich spielte auch das schulische Umfeld eine Rolle. Demnach ereignen sich an Schulen, an denen Kinder häufiger von Mobbingerfahrungen berichten, vergleichsweise viele Unfälle und Verletzungen.

Ziel der Studie ist es, Maßnahmen zur Unfallprävention aus den Studienergebnissen abzuleiten. „Schon jetzt zeichnet sich ab, dass zukünftig ein Augenmerk auf die ‚Software‘ der Schule, das Schulklima, gelegt werden und nicht nur die ‚Hardware‘, der bauliche Zustand, im Blick sein sollte“, betont Klocke.
 
Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken – dies ist das zentrale Ziel der Global Teen Health Week (https://collegeofphysicians.org/thw). Vom 19. bis 23. März 2018 beteiligen sich Forscherinnen und Forscher aus aller Welt an dieser Themenwoche, indem sie Veranstaltungen organisieren oder ihre Forschungsergebnisse zum Thema Jugendgesundheit präsentieren. Das FZDW hat die Woche der Jugendgesundheit zum Anlass genommen, um seine vorhandenen Daten zu Unfällen und Verletzungen von Kindern und Jugendlichen auszuwerten.

Zu den Personen:
Prof. Dr. Andreas Klocke ist seit 2001 Professor für Allgemeine Soziologie am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS. Seit dessen Gründung im Jahr 2007 leitet er das Forschungszentrum Demografischer Wandel.
Dr. Sven Stadtmüller ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZDW tätig.

Mehr zur Längsschnittstudie Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter (GUS) unter: http://fzdw.de/projekte/gus/; weitere Informationen zum FZDW unter: www.fzdw.de.

Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW):
Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) an der Frankfurt University of Applied Sciences untersucht mit einem interdisziplinären Zugang die Folgen und Herausforderungen des demografischen Wandels. Hintergrund ist die niedrige Geburtenrate und die gleichzeitige Steigerung der Lebenserwartung in Deutschland. Dies hat schon in naher Zukunft eine deutliche Alterung und später auch eine Schrumpfung der Bevölkerung zur Folge. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind vielfältig und zeigen sich zuvorderst auf der kommunalen Ebene. Das FZDW möchte anwendungsbezogen wissenschaftliche Beiträge zur Gestaltung und Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels in Hessen und in Deutschland aufzeigen.