Hydroxyethylstärke (HES)-haltige Arzneimittel: Ständiger Ausschuss verweist Verfahren zurück an die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA)

  • 12. April 2018
Datum 12.04.2018
Wirkstoff Hydroxyethylstärke

12.04.2018 – Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Humanarzneimittel

In seiner Sitzung am 09.04.2018 wurde der Ausschuss gebeten, im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 107i der RL 2001/83/EG eine Stellungnahme zum Entwurf des Durchführungsbeschlusses der Kommission hinsichtlich der Zulassungen für Humanarzneimittel, die als Wirkstoff Hydroxyethlystärke (HES) als Lösungen zur Infusion enthalten, abzugeben.

Basierend auf Bedenken, die aus der Bewertung von Pharmakovigilanzdaten resultieren, hatte Schweden am 17. Oktober 2017 ein Verfahren gemäß Artikel 107i der RL 2001/83/EG für Arzneimittel, die Hydroxyethlystärke als Lösung zur Infusion enthalten, initiiert.

Am 24. Januar 2018 hat die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren für Humanarzneimittel (CMDh) unter Berücksichtigung der Empfehlung des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) vom 19. Januar 2018 hinsichtlich Hydroxethylstärke (HES)-haltiger Lösungen zur Infusion per Mehrheitsentscheid den Standpunkt angenommen, dass die Zulassungen der betroffenen Arzneimittel ruhen sollen. Dieser Standpunkt der CMDh wurde an die Europäische Kommission weitergeleitet.

Basierend auf dem CMDh-Standpunkt hat die Kommission am 27. Februar 2018 den Vorgang an den Ständigen Ausschuss für Humanarzneimittel weitergeleitet, um im Rahmen eines schriftlichen Verfahrens eine Stellungnahme hinsichtlich des Entscheidungsentwurfs zum Ruhen der betroffenen Zulassungen zu erhalten. Während des schriftlichen Verfahrens haben die Tschechische Republik, Frankreich und Spanien Bedenken hinsichtlich des Entscheidungsentwurfs angebracht und haben die Kommission aufgefordert, eine Sitzung des Ständigen Ausschusses für Humanarzneimittel einzuberufen. In Übereinstimmung mit Artikel 8(3) der Geschäftsordnung des Ständigen Ausschusses für Humanarzneimittel wurde das schriftliche Verfahren beendet und eine Plenarsitzung einberufen, um zu prüfen, ob wissenschaftliche oder technische Fragen vorhanden sind, die im Standpunkt der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nicht adressiert worden sind.

Am 09. April 2018 hat die Kommission den Entwurf der Kommissionsentscheidung in der Plenarsitzung präsentiert.

Die tschechischen, französischen und spanischen Delegationen haben ihre wissenschaftlichen und rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Grundlage des Entwurfs der Kommissionsentscheidung dargestellt.

Eine Reihe von Mitgliedsstaaten unterstützten den Entscheidungsentwurf der Kommission. Mehrere Mitglieder des Ständigen Ausschusses äußerten Bedenken hinsichtlich des Standpunktes der CMDh und der PRAC-Empfehlung. Einige waren der Auffassung, dass Fragen hinsichtlich des medizinischen Bedarfs und zu Möglichkeiten der Risikominimierungsmaßnahmen offen blieben.

Die vor der Sitzung vorgelegten schriftlichen Betrachtungen der Mitgliedstaaten und der Inhalt der Diskussion während der Sitzung ließ die Vorsitzende des Ständigen Ausschusses schlussfolgern, dass es neue Fragen wissenschaftlicher oder technischer Art gegeben hat, insbesondere in Bezug auf jeglichen medizinischen Bedarf von HES und zur Durchführbarkeit und wahrscheinlichen Effektivität der Risikominimierungsmaßnahmen, die noch nicht ausreichend im CMDh-Standpunkt und der PRAC-Empfehlung berücksichtigt wurden und die Grundlage für den Standpunkt waren.

Angesichts dieser neuen Fragen wurde vereinbart, dass die Kommission das Verfahren zur Entscheidungsfindung aussetzt und die CMDh-Position/PRAC-Empfehlung zur weiteren Erörterung zurück an die Agentur verweist.

Mehr über die Arzneimittel
HES-haltige Arzneimittel zur Infusion werden als Volumenersatzmittel eingesetzt und gehören zur Arzneimittelklasse der Kolloide. Es gibt zwei Hauptarten von Arzneimitteln, die als Volumenersatzmittel eingesetzt werden: Kristalloide und Kolloide. Kolloide enthalten große Moleküle wie Stärke, wohingegen Kristalloide wie Salzlösungen oder Ringerlösung kleinere Moleküle enthalten.
In der EU sind HES-haltige Arzneimittel zur Infusion im Rahmen nationaler Verfahren zugelassen worden und sind in den Mitgliedsstaaten unter verschiedenen Arzneimittelbezeichnungen verfügbar.

Mehr über das Verfahren
Die Bewertung HES-haltiger Arzneimittel wurde am 17. Oktober 2017 auf Ersuchen der schwedischen Arzneimittelbehörde als Art. 107i Verfahren der RL 2001/83/EG initiiert.

Die Bewertung wird vom Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC), der für die Bewertung sicherheitsrelevanter Angelegenheiten für Humanarzneimittel verantwortlich ist, durchgeführt und dieser wird einen Empfehlungskatalog abgeben. Da HES-haltige Arzneimittel alle national zugelassen sind, wird der RRAC die Empfehlungen an die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weiterleiten, die eine Position verabschieden wird. Die CMDh ist eine Institution, die alle EU-Mitgliedsstaaten einschließlich Island, Lichtenstein und Norwegen repräsentiert. Sie ist verantwortlich für die Sicherstellung einheitlicher Sicherheitsstandards für alle Arzneimittel, die im Rahmen nationaler Verfahren in Europa zugelassen sind.

Details zu dem Verfahren können unter folgendem Link bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) abgerufen werden:

EMA starts new review of hydroxyethyl-starch containing medicines