Von der Triage zur Therapie: Konkrete Prognosekriterien für den Behandlungserfolg hochaltriger Patienten gefordert!

Bis zu 30 Prozent beträgt mittlerweile der Anteil geriatrischer Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen – gemessen an allen dort behandelten Personen. „Höchste Zeit also festzulegen, wie die Prognosekriterien für den Behandlungserfolg konkret aussehen sollten“, fordert Professor Hans Jürgen Heppner, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und Direktor der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth. Er nimmt vorweg: „Das Alter allein ist per se kein Prognosekriterium für das therapeutische Ergebnis der intensivmedizinischen Behandlung.“ Heppner wird zum Abschluss des großen Gerontologie- und Geriatrie-Kongresses am 14. September in seiner Keynote zum Thema „Triagieren Sie schon oder behandeln Sie noch?“ beleuchten und diskutieren, wie genau in Zukunft die erfolgreiche Behandlung kritisch kranker geriatrischer Patienten gelingen kann.

„Bei der Behandlung kritisch kranker geriatrischer Patienten ist die sektorenübergreifende Zusammenarbeit der Fach- und Berufsdisziplinen von zentraler Bedeutung. Vor diesem Hintergrund muss auch die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft einer Akutgeriatrie beleuchtet werden“, erklärt Heppner. Dies werde augenblicklich unter dem Fokus der prä- und postintensivmedizinischen Versorgung wissenschaftlich untersucht.

Gefahr: Längerfristige Schädigung durch Über- oder Untertherapie

„Selbstverständlich ist es wichtig zu prüfen, ob ein angestrebtes Therapieziel erreicht werden kann, ob die intensivmedizinische Behandlung dem – mutmaßlichen – Patientenwillen entspricht und ob die Belastungen während der Behandlung durch die Lebensperspektive gerechtfertigt sind“, sagt der Altersmediziner. Die Fragestellungen zu den Therapiezielen und passenden Behandlungskonzepten sind bei geriatrischen Patienten von besonderer Relevanz, da gerade diese Patienten durch ihre erhöhte Vulnerabilität besonders gefährdet sind, eine längerfristige Schädigung durch Über- oder Untertherapie zu erleiden.

Frailty und Delir wichtig für Prognose der intensivmedizinischen Behandlung

Behandlungsleitend ist – wie bei jeder therapeutischen Entscheidung – das erreichbare Therapieziel, also die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme, unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens und seiner Lebensperspektive. Nicht zuletzt spielen hier der funktionelle Status und geriatrische Syndrome eine zentrale Rolle. Allein die sogenannte Klinische Frailty Skala rückt für die Intensivmedizin zunehmend in den Fokus. Ziel der Skala mit insgesamt neun Prüf-Kategorien ist die Identifizierung von Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen ausbleibenden Behandlungserfolg, welche nicht von einer intensivmedizinischen Intervention profitieren dürften. Zudem hat sich die American Heart Association (AHA) positioniert und für ältere Patienten auf der Intensivstation die geriatrischen Syndrome Frailty, also Gebrechlichkeit, und Delir mit höchster intensivmedizinischer Relevanz identifiziert. Dies wurde auch in einem gemeinsamen Konsensuspapier der führenden Fachgesellschaften aus Geriatrie und Intensivmedizin klar formuliert. „Auch die neuesten Untersuchungen für Intensivmedizin und Geriatrie zeigen auf, dass Frailty ein unabhängiger starker Prädiktor für die Kurz- und Langzeitprognose von betagten und hochbetagten Patienten auf der Intensivstation ist.“

Physiologisches Funktionsdefizit der Organe weitere Herausforderung für Behandlung

Die bestehende Multimorbidität in der Gruppe der geriatrischen Patientinnen und Patienten und das physiologische Funktionsdefizit der Organe kann rasch zu einer Dekompensation führen und dies stellt für die Intensivmedizin eine weiter Herausforderung dar. Für den Alters- und Notfallmediziner Heppner ist klar: „Es braucht konsentierte Therapie-Entscheidungskriterien, die mit allen beteiligten abgestimmt sind, um gar nicht erst in eine vermeintliche Triage-Situation zu kommen.“ Dabei ist ihm wichtig noch einmal zu unterstreichen, dass „die aktuellen klinisch-ethischen Empfehlungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Priorisierung aufgrund des kalendarischen Alters wegen des Gleichheitsgebots nicht zulässig ist.“

Begriffsklärung Triage: Krankheitsschwere und Ressourcenbedarf einschätzen

In seiner Kongress-Keynote wird Hans Jürgen Heppner, Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), auch noch einmal auf die differenzierte Betrachtung des Begriffs der Triage eingehen. „Zugegeben ein provokanter Titel für Überlegungen zur Hightech-Medizin in einer sich demografisch verändernden Gesellschaft“, so der Altersmediziner. Der Begriff Triage ist im Zusammenhang mit der SARS-Cov2-Pandemie immer wieder aufgetaucht und sei auch da nicht korrekt verwendet worden. Triage bedeutet streng genommenen, überlebensfähige Verwundete zu retten und zu versorgen – der Begriff stammt aus dem 16. Jahrhundert und galt für den Heeres-Sanitätsdienst. „Die Triage stammt somit primär aus dem Wortschatz der Kriegsmedizin. Anders als die Triage, die wir aktuell in der präklinischen Notfallmedizin oder in den Notaufnahmen der Krankenhäuser einsetzen, um eine valide und verlässliche Methode zu nutzen, die Krankheitsschwere von Notfallpatienten und deren Ressourcenbedarf einzuschätzen“, erläutert Heppner.

Zur Person:

Professor Hans Jürgen Heppner ist seit 2022 Lehrstuhlinhaber für Geriatrie der Friedich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg am Medizincampus Oberfranken und Direktor der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth. Der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ist zudem Mitgründer der DGG-Arbeitsgruppe Notfall- und Intensivmedizin und stellvertretender Leiter der Sektion Geriatrie in der Deutschen Sepsis-Gesellschaft. Seine Forschungsschwerpunkte sind Infektionen und Sepsis im Alter, Intensiv- und Akutmedizin im Alter, Impfungen und Infektionsprophylaxe. Von 2013 bis 2022 war Heppner Chefarzt an der Klinik für Geriatrie am HELIOS Klinikum Schwelm und Ordinarius für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke.

Jetzt Termin vormerken:

Professor Hans Jürgen Heppner
Keynote-Vortrag: „Triagieren Sie schon oder behandeln Sie noch?“
Gerontologie- und Geriatrie-Kongress
Hörsaal 1 im Campus Center auf dem Campus Holländischer Platz der Universität Kassel
Samstag, 14. September, 10 Uhr

Von der Triage zur Therapie: Konkrete Prognosekriterien für den Behandlungserfolg hochaltriger Patienten gefordert!

Bis zu 30 Prozent beträgt mittlerweile der Anteil geriatrischer Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen – gemessen an allen dort behandelten Personen. „Höchste Zeit also festzulegen, wie die Prognosekriterien für den Behandlungserfolg konkret aussehen sollten“, fordert Professor Hans Jürgen Heppner, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und Direktor der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth. Er nimmt vorweg: „Das Alter allein ist per se kein Prognosekriterium für das therapeutische Ergebnis der intensivmedizinischen Behandlung.“ Heppner wird zum Abschluss des großen Gerontologie- und Geriatrie-Kongresses am 14. September in seiner Keynote zum Thema „Triagieren Sie schon oder behandeln Sie noch?“ beleuchten und diskutieren, wie genau in Zukunft die erfolgreiche Behandlung kritisch kranker geriatrischer Patienten gelingen kann.

„Bei der Behandlung kritisch kranker geriatrischer Patienten ist die sektorenübergreifende Zusammenarbeit der Fach- und Berufsdisziplinen von zentraler Bedeutung. Vor diesem Hintergrund muss auch die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft einer Akutgeriatrie beleuchtet werden“, erklärt Heppner. Dies werde augenblicklich unter dem Fokus der prä- und postintensivmedizinischen Versorgung wissenschaftlich untersucht.

Gefahr: Längerfristige Schädigung durch Über- oder Untertherapie

„Selbstverständlich ist es wichtig zu prüfen, ob ein angestrebtes Therapieziel erreicht werden kann, ob die intensivmedizinische Behandlung dem – mutmaßlichen – Patientenwillen entspricht und ob die Belastungen während der Behandlung durch die Lebensperspektive gerechtfertigt sind“, sagt der Altersmediziner. Die Fragestellungen zu den Therapiezielen und passenden Behandlungskonzepten sind bei geriatrischen Patienten von besonderer Relevanz, da gerade diese Patienten durch ihre erhöhte Vulnerabilität besonders gefährdet sind, eine längerfristige Schädigung durch Über- oder Untertherapie zu erleiden.

Frailty und Delir wichtig für Prognose der intensivmedizinischen Behandlung

Behandlungsleitend ist – wie bei jeder therapeutischen Entscheidung – das erreichbare Therapieziel, also die Sinnhaftigkeit einer Maßnahme, unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens und seiner Lebensperspektive. Nicht zuletzt spielen hier der funktionelle Status und geriatrische Syndrome eine zentrale Rolle. Allein die sogenannte Klinische Frailty Skala rückt für die Intensivmedizin zunehmend in den Fokus. Ziel der Skala mit insgesamt neun Prüf-Kategorien ist die Identifizierung von Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen ausbleibenden Behandlungserfolg, welche nicht von einer intensivmedizinischen Intervention profitieren dürften. Zudem hat sich die American Heart Association (AHA) positioniert und für ältere Patienten auf der Intensivstation die geriatrischen Syndrome Frailty, also Gebrechlichkeit, und Delir mit höchster intensivmedizinischer Relevanz identifiziert. Dies wurde auch in einem gemeinsamen Konsensuspapier der führenden Fachgesellschaften aus Geriatrie und Intensivmedizin klar formuliert. „Auch die neuesten Untersuchungen für Intensivmedizin und Geriatrie zeigen auf, dass Frailty ein unabhängiger starker Prädiktor für die Kurz- und Langzeitprognose von betagten und hochbetagten Patienten auf der Intensivstation ist.“

Physiologisches Funktionsdefizit der Organe weitere Herausforderung für Behandlung

Die bestehende Multimorbidität in der Gruppe der geriatrischen Patientinnen und Patienten und das physiologische Funktionsdefizit der Organe kann rasch zu einer Dekompensation führen und dies stellt für die Intensivmedizin eine weiter Herausforderung dar. Für den Alters- und Notfallmediziner Heppner ist klar: „Es braucht konsentierte Therapie-Entscheidungskriterien, die mit allen beteiligten abgestimmt sind, um gar nicht erst in eine vermeintliche Triage-Situation zu kommen.“ Dabei ist ihm wichtig noch einmal zu unterstreichen, dass „die aktuellen klinisch-ethischen Empfehlungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Priorisierung aufgrund des kalendarischen Alters wegen des Gleichheitsgebots nicht zulässig ist.“

Begriffsklärung Triage: Krankheitsschwere und Ressourcenbedarf einschätzen

In seiner Kongress-Keynote wird Hans Jürgen Heppner, Inhaber des Lehrstuhls für Geriatrie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), auch noch einmal auf die differenzierte Betrachtung des Begriffs der Triage eingehen. „Zugegeben ein provokanter Titel für Überlegungen zur Hightech-Medizin in einer sich demografisch verändernden Gesellschaft“, so der Altersmediziner. Der Begriff Triage ist im Zusammenhang mit der SARS-Cov2-Pandemie immer wieder aufgetaucht und sei auch da nicht korrekt verwendet worden. Triage bedeutet streng genommenen, überlebensfähige Verwundete zu retten und zu versorgen – der Begriff stammt aus dem 16. Jahrhundert und galt für den Heeres-Sanitätsdienst. „Die Triage stammt somit primär aus dem Wortschatz der Kriegsmedizin. Anders als die Triage, die wir aktuell in der präklinischen Notfallmedizin oder in den Notaufnahmen der Krankenhäuser einsetzen, um eine valide und verlässliche Methode zu nutzen, die Krankheitsschwere von Notfallpatienten und deren Ressourcenbedarf einzuschätzen“, erläutert Heppner.

Zur Person:

Professor Hans Jürgen Heppner ist seit 2022 Lehrstuhlinhaber für Geriatrie der Friedich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg am Medizincampus Oberfranken und Direktor der Klinik für Geriatrie am Klinikum Bayreuth. Der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ist zudem Mitgründer der DGG-Arbeitsgruppe Notfall- und Intensivmedizin und stellvertretender Leiter der Sektion Geriatrie in der Deutschen Sepsis-Gesellschaft. Seine Forschungsschwerpunkte sind Infektionen und Sepsis im Alter, Intensiv- und Akutmedizin im Alter, Impfungen und Infektionsprophylaxe. Von 2013 bis 2022 war Heppner Chefarzt an der Klinik für Geriatrie am HELIOS Klinikum Schwelm und Ordinarius für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke.

Jetzt Termin vormerken:

Professor Hans Jürgen Heppner
Keynote-Vortrag: „Triagieren Sie schon oder behandeln Sie noch?“
Gerontologie- und Geriatrie-Kongress
Hörsaal 1 im Campus Center auf dem Campus Holländischer Platz der Universität Kassel
Samstag, 14. September, 10 Uhr