Neue Therapieansätze beim malignen Melanom – erste Einblicke in die aktuelle Diskussion beim Deutschen Hautkrebskongress
Pressemitteilung zum Deutschen Hautkrebs-Kongress, 25. bis 28. September 2024 in Würzburg
Würzburg. (ka) Erkennung im Frühstadium und immense Fortschritte in der Therapie haben in den letzten 20 Jahren das Überleben für Patientinnen und Patienten mit schwarzem Hautkrebs deutlich verbessert. Rund zwei Drittel der Melanome werden früh genug erkannt und sind vollständig heilbar. Im fernmetastasierten Stadium liegen die Fünf-Jahres-Überlebensraten inzwischen bei rund 55 Prozent. Beim Deutschen Hautkongress werden neue Therapiekonzepte vorgestellt. Kongresspräsident Prof. Dr. Bastian Schilling, Frankfurt am Main, und der 1. Vorsitzende der ADO, Prof. Dr. Ralf Gutzmer, Minden, geben Einblicke in die aktuelle Diskussion.
Bei rund 25.000 Menschen im Jahr wird in Deutschland ein Melanom diagnostiziert. Auch wenn es schon fortgeschritten ist, können den Erkrankten inzwischen gute Behandlungsoptionen angeboten werden. Welche neuen Therapiekonzepte werden beim Hautkrebskongress vorgestellt?
Prof. Schilling: Beim Melanom der Haut ist die neoadjuvante Therapie mittels Immuncheckpoint Blockern zu nennen. Auch könnte bei metastasierter Erkrankung die Hinzunahme des LAG3-Blcoker Relatlimab zur Standardtherapie mit Ipilimumab plus Nivolumab die Wirksamkeit verstärken. Es bleibt abzuwarten, ob der Hersteller sich entschließt, diesen Ansatz weiter zu verfolgen. Zusätzlich gibt es vielversprechende Daten zur adjuvanten Therapie mittels PD-1 Blockade in Kombination mit mRNA-Vakzinen. Im Bereich der Zelltherapie erfolgte vor einiger Zeit durch die FDA die Zulassung von Lifileucel, einem kommerziellen Produkt zur adoptiven T Zell Therapie. Hierbei werden T Zellen aus Tumorgewebe gewonnen, expandiert und den Betroffenen zurückgegeben. Eine Zulassung in Europa ist beantragt und könnte zukünftig eine Option bei Versagen von Standardtherapien sein.
Weltweit wird auch in die innovative CAR-T-Zell-Therapie diskutiert, die Anfang Juni auf dem ASCO (Annual Meeting 2024 der American Society of Clinical Oncology) in Chicago mit neuen Daten vorgestellt wurde. Wie weit ist die Entwicklung?
Prof. Gutzmer: Eine andere Variante der zellulären Therapie sind T-Zellen, die aus dem peripheren Blut gewonnen, in vitro modifiziert und dann reinfundiert werden. Grob werden CAR-T-Zellen und T-Zell-Rezeptor transduzierte T-Zellen unterschieden. Die Ergebnisse zu diesen Zellen sind bisher in allen soliden Tumoren, also auch dem Melanom, eher enttäuschend. Allerdings laufen Studien, in denen Tumorantigene wie PRAME als Zielstruktur dienen und in denen die T-Zellen weiter modifiziert werden, um selbst Botenstoffe zur Wirkverstärkung zu produzieren. Hier sind erste Daten vielversprechend, weitere Studien auch unter Beteiligung deutscher Zentren sind in Planung.
Auf die mRNA-Vakzinierung beim Melanom werden große Hoffnungen gesetzt. Was ist in diesem Bereich zu erwarten?
Prof. Gutzmer: Es läuft derzeit eine globale Phase III Zulassungsstudie zur individualisierten, Neoantigenvakzine V940 in Kombination mit dem PD-1 Blocker Pembrolizumab in der adjuvanten Situation. Diese Studie hat mittlerweile die Rekrutierung beendet, erste Daten kommen frühestens 2025. In einem Update auf dem ASCO 2024 zeigten Phase II Daten einen deutlichen zusätzlichen Nutzen der Vakzine plus Pembrolizumab versus Pembrolizumab alleine, der anhaltend zu sein scheint.
Prof. Schilling: Beim metastasierten Melanom hat Biontech kürzlich eine Pressemitteilung herausgegeben, dass eine mRNA-Vakzine gegen klassische Tumorantigene plus den PD-1 Blocker Cemiplimab bei Patienten erfolgreich sein könnte, die auf eine Erstlinientherapie mit Checkpoint-Inhibitoren nicht (mehr) ansprechen. Die zugrunde liegenden Daten sollen demnächst auf einem Kongress vorgestellt werden.
Stichwort Neoadjuvanz – ist das schon eine mögliche Option in der Melanomtherapie? Welche Patienten könnten davon profitieren?
Prof. Schilling: Durch die Phase II Studie SWOG1801 und die Phase III Studie NADINA existieren valide und starke Daten, dass eine neoadjuvante plus adjuvante Therapie mit Pembrolizumab der rein adjuvanten Behandlung überlegen ist (SWOG1801) bzw. der zweimalige neoadjuvante Einsatz von Ipilimumab plus Nivolumab bei ca. 60% der Behandelten die adjuvante Therapie ersetzen könnte. Diese Daten sollten in Tumorkonferenzen beachtet werden, auch wenn keine explizite Zulassung für diesen Einsatz der Substanzen existiert. Die neoadjuvante Therapie stellt nach Diskussion im Board und partizipatorischer Entscheidungsfindung eine Alternative zum Standard, der sofortigen Operation mit anschließender adjuvanter Therapie dar. Für Betroffene, die die neoadjuvante Strategie mittragen können, also die Verlagerung der angezeigten Operation für 6-9 Wochen akzeptieren können, ist es eine zu erwägende Option.
Prof. Gutzmer: Die Daten von SWOG1801 und NADINA haben zudem neue Benchmarks für zukünftige adjuvante Konzepte, wie V940 plus Pembrolizumab oder LAG3-Blocker (Relatlimab bzw. Fianlimab) plus PD-1 Blocker (Nivolumab bzw. Cemiplimab) gesetzt. Allerdings ist die Patientengruppe für die neoadjuvante Therapie bei uns relativ klein, da die meisten Patienten im Stadium III durch den Sentinel Lymphknoten diagnostiziert werden und damit in der adjuvanten Situation sind.
Wir bedanken uns sehr herzlich für diese ersten Einblicke!
Alle Informationen sowie das Tagungsprogramm unter: ado-kongress.de
Medienvertreter sind herzlich eingeladen zum Deutschen Hautkrebs-Kongress vom 25. bis 28. September 2024 in Würzburg! Wir freuen uns über Ihre Berichterstattung. Gern vermitteln wir Ihnen Ansprechpartner für Interviews. Akkreditierungen bitte über die Kongress-Homepage oder direkt über den Pressekontakt.
SAVE THE DATE!
Sehr herzlich laden wir Sie auch zur Pressekonferenz am Freitag, 27. September 2024 von 12:00 – 13:00 Uhr ins Congress Centrum Würzburg ein!
Auch eine Online-Teilnahme ist möglich. Eine Einladung geht Ihnen noch zu.
Hintergrund:
Hautkrebs ist immer noch die häufigste Krebserkrankung in Deutschland mit der größten Steigerungsrate – trotz der immensen medizinischen Fortschritte der letzten Jahre. Die Zahl der Neuerkrankungen hat sich in den letzten zehn Jahren auf rund 308.800 im Jahr verdoppelt. Dafür werden UV-bedingte Hautschäden aufgrund intensiver Sonnenexposition in der Kindheit und Jugend mit verantwortlich gemacht. Jährlich gibt es 160.700 Neuerkrankungen beim Basalzellkarzinom, 105.800 beim kutanen Plattenepithelkarzinom und beim Melanom 42.300 Neuerkrankungen.
Die ADO (Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie der DKG und der DDG) organisiert Fortbildungen, Forschungsprojekte und klinische Studien, um die Qualität der dermato-onkologischen Patientenversorgung in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu verbessern und die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern. Ein wichtiger Fokus liegt auf der Erarbeitung diagnostischer und therapeutischer Leitlinien zu verschiedenen Hautkrebsarten.