Erektionsprobleme bei MS: Läsionen im Inselcortex daran beteiligt?
Original Titel:
Insular multiple sclerosis lesions are associated with erectile dysfunction.
MedWiss – Auch die Sexualität kann durch MS betroffen sein. Forscher aus Erlangen haben untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Läsionen in bestimmten Bereichen und Erektionsstörungen gibt. Ihre Studie mit einer kleinen Zahl Teilnehmer legt nahe, dass es Läsionen in der Inselcortex sind, die die Erektionsfähigkeit stören.
Multiple Sklerose kann an ganz verschiedenen Stellen von Gehirn und Rückenmark Schäden verursachen. Daher können unterschiedliche Lebensbereiche durch MS-Symptome betroffen sein. Ein solcher Lebensbereich, über den es sowohl Patienten als auch manchmal dem Gesundheitspersonal schwerfällt zu sprechen, ist die Sexualität.
Für Erektionsprobleme gibt es meist eine Lösung, wenn man sie anspricht
Multiple Sklerose kann zu sexuellen Funktionsstörungen führen und es erschweren, Lust und Befriedigung zu verspüren. Bei Männern betrifft dies häufig die Erektionsfähigkeit. Hier ist ein Gespräch mit einem Arzt hilfreich, denn Medikamente, Hilfsmittel und veränderte Verhaltensweisen können dazu beitragen, eine erfüllte Sexualität zu leben. Auch MS-Medikamente können dazu beitragen, solche Symptome zu lindern. Da auch unerkannte Begleiterkrankungen Erektionsstörungen begünstigen können, sollten diese ebenfalls ausgeschlossen werden.
Welche Nervenschäden verursachen die Probleme?
Eine Studie von Forschern aus Deutschland hat sich näher damit befasst, welche Gehirnläsionen an Erektionsproblemen schuld sein könnten. Ein besseres Verständnis, wie die MS bestimmte Lebensbereiche beeinträchtigt, kann dabei helfen, bessere Therapien zu entwickeln.
Die Forscher aus Erlangen bewerteten eine mögliche Verminderung der Erektionsfähigkeit von 31 Studienteilnehmern. Dazu ließen sie die Männer einen Fragebogen ausfüllen, der Hinweise auf Erektionsprobleme liefert. Dabei sollten die Männer Auskunft zu der Situation drei Monate vor ihrer MS-Diagnose geben und zur aktuellen Situation. Aus den in den Fragebögen erreichten Werten errechneten die Forscher eine Differenz, die zeigt, wie sehr sich die Erektionsfähigkeit der Männer seit der MS-Diagnose verändert hat. Um Begleiterscheinungen der MS als Ursache für die Erektionsprobleme auszuschließen, wurde ebenfalls das Alter, die Erkrankungsdauer, die Schwere der MS, Depressionen, Blasen- und Darmstörungen sowie die Gesamtausdehnung der Läsionen der Männer einbezogen.
Vergleich der Lage von Läsionen bringt Aufschluss über Auswirkungen
Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) fertigten die Forscher dann Bilder vom Gehirn aller Teilnehmer an. Sie schauten sich an, wo die Läsionen aller Teilnehmer mit Erektionsproblemen sich überschnitten, und wo es Überschneidungen zu Läsionen bei Teilnehmern ohne Erektionsprobleme gab. Läsionen, die sowohl bei Männern mit Erektionsstörung als auch ohne Erektionsstörung vorkamen, verwarfen die Forscher, da diese Läsionen höchst wahrscheinlich nicht zur Störung beitrugen.
Erektionsstörung hängt nicht mit Alter, Dauer oder Schwere der Erkrankung zusammen
Anhand des errechneten Werts stellten die Erlangener Forscher bei 14 der 31 von ihnen untersuchten Männern eine Abnahme der Erektionsfähigkeit fest. Sie fanden aber weder einen Zusammenhang zum Alter der Teilnehmer noch zur Dauer der Erkrankung, der Schwere der MS, Depressionen, Blasen- oder Darmbeschwerden und der gesamten Ausdehnung der gefundenen Läsionen. Das deutet darauf hin, dass eine Störung der Erektionsfähigkeit durch die Multiple Sklerose hier vermutlich durch Läsionen in bestimmten Bereichen hervorgerufen wird. Untersuchungen an gesunden Männern zeigten, dass es ein Netzwerk verschiedener Gehirnregionen gibt, das an einer Erektion beteiligt ist.
Läsionen im linken Bereich des Inselcortex scheinen Störungen hervorzurufen
Die Auswertung der MRT-Bilder zeigte, dass es einen Zusammenhang vor allem zwischen MS-Läsionen in einer bestimmten Hirnregion gab. Die Inselrinde, auch Inselcortex genannt, ist ein Bereich des Gehirns, der sich in etwa direkt oberhalb der Ohren in der Großhirnrinde befindet. Läsionen hier, vor allem im linken Bereich des Gehirns, scheinen mit einer Abnahme der Erektionsfähigkeit im Zusammenhang zu stehen. Die genaue Funktion dieses Gehirnbereichs ist noch nicht ganz klar. Der Inselcortex wird mit Funktionen beim Geruchs- und Geschmackssinn in Zusammenhang gebracht und soll auch bei der Wahrnehmung von Schmerzen, Ekel, dem Gleichgewichtssinn und der Empathie beteiligt sein. Der Bereich, den die Forscher identifiziert haben, wird darüber hinaus von Liebesgefühlen und sexueller Erregung aktiviert. Diese Aktivierung könnte erklären, wieso bei Schädigungen in diesem Bereich Erektionsprobleme auftreten. Da die Erektionsstörungen damit im Zusammenhang zu stehen scheinen, wo Läsionen im Gehirn auftreten, unterstreicht das die Wichtigkeit einer angemessenen MS-Therapie auch um solchen Problem vorzubeugen und die Behandlung der Symptome zu unterstützen.
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