Kann das PSA-Screening das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, reduzieren? Neue Analyse zweier bedeutsamer Studien
Original Titel:
Reconciling the Effects of Screening on Prostate Cancer Mortality in the ERSPC and PLCO Trials
MedWiss – Bei der Früherkennung von Prostatakrebs ist die Rolle des PSA (prostataspezifisches Antigen)-Wertes umstritten. Zwar wird mit diesem Prostatakrebs häufiger erkannt, jedoch auch solcher, der eigentlich nicht behandlungsbedürftig wäre. Kann ein PSA-Screening tatsächlich auch die Prostatakrebs-bedingten Sterbefälle reduzieren? Diese entscheidende Frage wird schon länger diskutiert. Forscher untersuchten zwei Studien erneut, die zu dieser Thematik zunächst widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Bei der neuen Analyse und einem neuen Vergleich stellten sie fest, dass beide Studien ähnlich Ergebnisse zeigten – nämlich, dass das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, durch das PSA-Screening reduziert werden kann.
Für die Früherkennung von Prostatakrebs eignet sich eine spezielle Substanz, die im Blut der Patienten gemessen werden kann. Es handelt sich dabei um das prostataspezifische Antigen (PSA). Der PSA-Wert ist bei Prostatakrebs-Patienten meist erhöht und das schon lange bevor die ersten Beschwerden auftreten. Derzeit ist umstritten, ob die PSA-Messung standardmäßig bei allen beschwerdefreien Männern durchgeführt werden sollte (auch als PSA-Screening bezeichnet), um einen möglichen Prostatakrebs frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Auf der einen Seite liegt der Vorteil einer Früherkennung klar auf der Hand. Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Andererseits entwickelt sich Prostatakrebs in einigen Fällen nur sehr langsam und würde in Lebzeiten keine Beschwerden verursachen. Wenn bei diesen Patienten der Prostatakrebs diagnostiziert wird, werden sie oft übertherapiert. Das bedeutet, dass sie Behandlungen mit entsprechenden Nebenwirkungen bekommen, die eventuell gar nicht nötig gewesen wären. Es scheint somit ein schmaler Grat zwischen Früherkennung und Übertherapie zu sein. Daher sind Studien sinnvoll, die sich damit befassen, ob eine Früherkennung mit der PSA-Wert-Messung tatsächlich auch das Überleben der Patienten verbessert. Zwei solcher Studien wurden bereits durchgeführt – mit widersprüchlichen Ergebnissen. Während die europäische Studie ERSPC (European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer) zu dem Ergebnis kam, dass das PSA-Screnning Überlebensvorteile für die Krebspatienten brachte, wurden diese in der amerikanischen Studie PLCO (Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial) nicht beobachtet.
Forscher verglichen die Ergebnisse der US-amerikanischen und der europäischen Studie miteinander
Diesen Widerspruch wollte ein internationales Forscherteam nun aufklären. Da die beiden Studien sehr unterschiedlich gestaltet waren, wurden die Daten dieser Studien unter Berücksichtigung dieser Unterschiede erneut ausgewertet und miteinander verglichen.
In beiden Studien brachte das PSA-Screening eine Überlebensvorteil
Interessanterweise waren die Ergebnisse der beiden Studien nach der erneuten Analyse doch sehr ähnlich. Es konnten keine wesentlichen Unterschiede in der Wirkung der PSA-Messung als Vorsorgeuntersuchung auf das Überleben festgestellt werden. Spezielle Analysen zeigten, dass durch das PSA-Screening das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, um schätzungsweise 25 % bis 31 % (laut der europäischen Studie) bzw. 27 % bis 32 % (laut der US-amerikanischen Studie) reduziert wurde.
Nachdem die Unterschiede der beiden Studien berücksichtigt und die Studien entsprechend neu ausgewertet wurden, stellte sich somit heraus, dass diese doch zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen. In beiden Studien wurde das Risiko, an Prostatakrebs zu sterben, durch das PSA-Screening gesenkt – und das im etwa gleichem Maße. Demnach könnte es sinnvoll sein, den PSA-Wert regelmäßig bei den Vorsorgeuntersuchungen zu messen. Allerdings besteht trotz des positiven Effekts des PSA-Screenings weiterhin die bereits erwähnte Gefahr, dass manche Männer übertherapiert werden könnten, wenn bei ihnen ein Prostatakrebs diagnostiziert wird, der keinerlei Beschwerden verursacht hätte. Um diese Übertherapie zu vermeiden, wird diskutiert, dass der PSA-Test nur bei bestimmten Männern angewandt werden sollte. Welche Männer von dem Screening am meisten profitieren, ist jedoch bisher noch nicht ganz klar.
© Alle Rechte: HealthCom