Herz-CT: Präziser Blick in die Herzkranzgefäße – für wen sinnvoll?
Nicht-invasive CT-Angiographie des Herzens (CCTA) ermöglicht ohne Herzkatheter frühes Erkennen von Herzgefäßveränderungen
Nicht-invasive CT-Angiographie des Herzens (CCTA) ermöglicht frühes Erkennen von Herzgefäßveränderungen ohne Herzkatheter. Wichtig in der Versorgung von Menschen mit koronarer Herzkrankheit und einem Risiko für Herzinfarkt und Herztod
Frankfurt a. M., Wenn die Herzkranzgefäße verengt oder verstopft sind und dadurch die Blut- und Sauerstoffversorgung des Herzens stark unterbrochen wird, sind die Folgen für den Herzmuskel verheerend. Es drohen Herzinfarkt und Herzschwäche. Der krankmachende Prozess der koronaren Herzkrankheit (KHK), der diesem Ereignis vorausgeht, beginnt meist schleichend und kann lange unbemerkt bleiben. In Deutschland leiden über fünf Millionen Menschen an einer KHK. Wie können Gefäßverengungen frühzeitig erkannt und so vielleicht Herzinfarkte vermieden werden? Aktuell wird viel und häufig über die Koronare Computertomographie-Angiographie (CCTA) oder kurz „Herz-CT“ als schonendes bildgebendes Nachweisverfahren ohne Einsatz eines Herzkatheters berichtet. So ist sie nach der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie KHK (NVL KHK) (1) das bevorzugte Diagnoseverfahren bei einem eher niedrigen bis mittleren Risiko für eine koronare Herzerkrankung. Und seit Januar 2025 kann die Untersuchung auch für Kassenpatienten ambulant durchgeführt werden. Hilfreiche Informationen über die Herz-CT für Patienten bietet die Herzstiftung aktuell unter https://herzstiftung.de/herz-ct
Weniger Krankenhausaufenthalte und höhere Überlebensrate bei KHK
Die CCTA ermöglicht als nicht-invasive (also nicht in den Körper eingreifende) bildgebende Untersuchungsmethode präzise Einblicke in die Herzkranzgefäße. Alle Herzkranzgefäße und deren krankhaften Veränderungen in Form von Verengungen (Stenosen) und Plaques (Fett- und Kalkablagerungen) können abgebildet werden. So kann die CCTA zur Früherkennung von Herzerkrankungen wie die KHK beitragen, die unerkannt und unbehandelt zum Herzinfarkt führt. „Ein Herz-CT ist besonders geeignet, um bereits frühe Gefäßveränderungen zu erkennen, noch bevor eine Minderdurchblutung des Herzens und deren Folgen merklich auftreten“, erklärt der Kardiologe Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Dadurch trägt die CCTA effektiv dazu bei, die Zahl an Krankenhausaufnahmen zu verringern und die Überlebensrate von KHK-Patienten zu erhöhen, indem Komplikationen wie Herzinfarkte vermieden werden.“ Die 10-Jahresdaten einer vor Kurzem veröffentlichten Studie haben bestätigt, dass die CCTA dazu beiträgt, Herzinfarkte zu vermeiden durch bessere Prävention – ohne dass dazu mehr revaskularisierende Eingriffe zur Wiederherstellung der Gefäßdurchblutung nötig werden (2). Weiterer Vorteil der Methode neben der hohen Bildqualität: sie ist risikoarm und erfordert nur eine geringe Strahlenbelastung.
Wertvolle Diagnostik bei Patienten mit KHK-Verdacht
Insbesondere für Patienten, bei denen mit relativ geringer bis mittlerer Wahrscheinlichkeit eine KHK vorliegt, ist die CCTA eine wertvolle Diagnosemethode. Man spricht hier medizinisch von einer Vortestwahrscheinlichkeit von 15 bis 50 Prozent. Die Vortestwahrscheinlichkeit ist die geschätzte Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient eine bestimmte Erkrankung hat, ohne dass ein konkreter diagnostischer Test durchgeführt wird. Bei der KHK berechnet sich die Vortestwahrscheinlichkeit aus mehreren Faktoren wie Alter, Geschlecht, Art der Beschwerden (typische/atypische Angina), weiteren Grunderkrankungen und Risikofaktoren.
Effektiv in der tückischen Übergangsphase von der stabilen zur instabilen KHK
Die Gefahr der KHK besteht insbesondere darin, dass die Phase eines stabilen Zustands (chronisches Koronarsyndrom) mit der klassischen Brustschmerz-Symptomatik unter Anstrengung unterbrochen werden kann von instabilen Phasen eines Akuten Koronarsyndroms (ACS), das dem Herzinfarkt oft unmittelbar vorausgeht. „Um diese gefährliche Situation zu verhindern, ist eine frühzeitige Diagnostik mittels CCTA wichtig“, so Voigtländer.
Bei drohendem Herzinfarkt invasives Katheterverfahren immer erste Wahl
Das invasive Katheterverfahren zur Herzgefäßdarstellung (Herzkatheter) bleibt trotz der Vorteile des CCTA dennoch immer die erste Wahl in der bildgebenden Diagnostik, wenn ein Herzinfarkt droht oder bereits vermutet wird, um keine Zeit zu verlieren. Denn bei einer Herzkatheteruntersuchung besteht immer die Option, direkt eine Intervention folgen zu lassen, also gleich einen Stent (Gefäßstütze) zu setzen. Und das kommt in Risikosituationen sehr häufig vor. In den aktuellen Leitlinien für das akute Koronarsyndrom (ACS) ist dieses Vorgehen nochmals bekräftigt worden. Bei der Herzkatheter-Untersuchung wird ein Kunststoffschlauch (Katheter) über ein Blutgefäß in der Leiste oder am Handgelenk eingeführt, um die Gefäße und Kammern des Herzens mit einer Angiographie sichtbar zu machen. Infos unter https://herzstiftung.de/herzkatheteruntersuchung
Vorteile der CCTA im Vergleich zu anderen Bildgebungsverfahren
Die CCTA bietet gegenüber anderen Untersuchungsmethoden entscheidende Vorteile. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen nicht-invasiven Verfahren ist, dass diese zwar eine Minderdurchblutung des Herzmuskels gut erkennen können. Das ist etwa bei der Stress-Echokardiographie oder bei der Kernspintomographie mit Perfusionsmessung oder beim Myokardszintigramm der Fall. „Die CCTA ist jedoch noch einen Schritt früher und kann bereits erkennen, wenn erste Gefäßveränderungen und -verengungen noch ohne merkliche Minderdurchblutung, ‚Ischämie‘ genannt, vorliegen. Das ermöglicht es den Ärzten, schon vor dem Auftreten von Beschwerden durch eine Durchblutungsstörung aktiv zu werden“, erklärt Prof. Voigtländer, Ärztlicher Direktor des Agaplesion-Krankenhauses in Frankfurt am Main. Dieser Vorteil begründet auch die Bewertung in der NVL KHK. Hier wird bei einer Vortestwahrscheinlichkeit auf eine stenosierende Herzerkrankung von 15-50 Prozent der CCTA der Vorzug vor anderen nicht-invasiven Verfahren wie der Stressechokardiographie gegeben. Bei Bedarf kann die CCTA durch eine nicht-invasive Magnetresonanz-Tomographie (MRT) ergänzt werden. „Deren Vorteil ist das Erkennen bereits geringer Veränderungen im Herzmuskel, wie sie bei stummen Herzinfarkten auftreten können oder bei einer Myokarditis. Das kann wichtig sein, wenn zum Beispiel ein Patient Beschwerden hat, aber das CCTA dafür keine Erklärung liefert“, erläutert Voigtländer.
Wichtige Vorteile der Herz-CT im Überblick
- Gefäßveränderung durch Koronarkalk kann sehr genau und früh analysiert werden. Diese verursachen häufig noch keine typischen Beschwerden und sind bei einer klassischen Herzkatheteruntersuchung oft nicht so gut zu erkennen.
- Die Kalkmenge (Plaquelast) kann gut quantifiziert werden (Kalk-Score, Agatson-Score). Folgeuntersuchungen lassen so Rückschlüsse auf die Entwicklung der Erkrankung oder die Wirksamkeit einer Therapie zu.
- Das Verfahren ist nicht-invasiv. Das heißt: die Untersuchung erfolgt nur von außen, es müssen keine Katheter in den Körper und ins Herz eingeführt werden.
- Es ist nur eine geringe Strahlenbelastung nötig.
- Auch wenn Patienten bereits einen Herzschrittmacher, einen implantierten Defibrillator oder künstliche Herzklappen haben, kann die Untersuchung durchgeführt werden. Ebenso wenig stören vorhandene Stents oder Bypässe die Bildgebung.
Wann ist ein Herz-CT sinnvoll?
Das CT-Verfahren kann beispielsweise angezeigt sein bei:
- unklaren Brustschmerzen (Angina pectoris) oder Luftnot,
- Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhten Blutfett- oder Blutzuckerwerten,
- einer familiären Vorbelastung für Herzerkrankungen,
- nach einer Bypass-Operation oder Stent-Implantation zur Kontrolle.
Gibt es Risiken beim Herz-CT?
Das Verfahren gilt als sehr risikoarm. In sehr seltenen Fällen kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen gegen das jodhaltige Kontrastmittel kommen. Das lässt sich durch Medikamente in den Griff bekommen. Beim sogenannten Nativ-CT wird sogar auf ein Kontrastmittel verzichtet. Dann können allerdings nicht alle Auswertungen zum Gefäßzustand erfolgen. Manche Patienten verspüren außerdem ein Druck- oder Engegefühl in der Brust. Die Strahlenbelastung ist bei den modernen Geräten sehr gering.
Fazit
- Ein Herz-CT ist besonders geeignet, um damit bereits frühe Gefäßveränderungen zu erkennen, noch bevor eine Minderdurchblutung und deren Folgen merklich auftreten.
- Die Methode bietet eine hohe Bildqualität, ist risikoarm und erfordert nur eine geringe Strahlenbelastung.
- Insbesondere für Patienten, bei denen mit relativ geringer bis mittlerer Wahrscheinlichkeit eine koronare Herzkrankheit vorliegt, ist es eine wertvolle Diagnosemethode.
- Zudem kann ein Herz-CT mittlerweile auch für Kassenpatienten ambulant durchgeführt werden, was die Zugänglichkeit verbessert.