Schübe trotz Beta-Interferon: Cladribin als Ergänzung?
Original Titel:
Cladribine tablets added to IFN-β in active relapsing MS: The ONWARD study.
MedWiss – Hilft eine Kombination von Wirkstoffen Menschen, die trotz krankheitsmodifizierender Therapien Schübe haben, besser als der Wechsel auf einen wirkungsvolleren Wirkstoff allein? Bei der Kombination von Beta-Interferon und Cladribin scheint das eher nicht so zu sein.
Bei Menschen mit schubförmiger Multiplen Sklerose können trotz der Behandlung mit Beta-Interferon Schübe auftreten. Ist die Multiple Sklerose trotz der krankheitsmodifizierenden Therapie aktiv, kann ein Therapiewechsel zu einem wirkungsvolleren Medikament notwendig werden, um dem Fortschreiten der Erkrankung entgegenzuwirken.
Hat eine Kombination aus verfügbaren Wirkstoffen Vorteile?
Ein anderer Ansatz ist es, die Beta-Interferon-Behandlung mit einem weiteren Wirkstoff zu kombinieren. Eine Studie zur Kombination von Natalizumab und Beta-Interferon zeigte, dass bei den Teilnehmern durch den zusätzlichen Einsatz des Antikörpers die Erkrankung gebremst und weitere Schübe reduziert werden konnten. Weiter Studien mit anderen Wirkstoffen in Kombination mit Beta-Interferon zeigten jedoch unterschiedliche Ergebnisse, die größeren Studien darunter konnten jedoch keinen bedeutsamen Vorteil finden.
Studie untersucht Beta-Interferon und Cladribin als Kombination
Forscher berichten nun über ihre Ergebnisse einer Phase-II-Studie zur Kombination von Cladribin und Beta-Interferon bei Patienten, die unter Beta-Interferon Schübe hatten. Ziel war es, die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Kombination zu untersuchen. An der Studie nahmen 172 Patienten mit schubförmiger MS teil, die bisher mit Beta-Interferon behandelt wurden und trotzdem Schübe erlitten hatten. Die Patienten wurden zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Zwei Drittel der Teilnehmer erhielt für den Studienzeitraum von zwei Jahren zusätzlich zu ihrer Beta-Interferon-Therapie Cladribin-Tabletten. Bei einem Drittel der Teilnehmer war die zusätzlich eingenommene Tablette ein Placebo.
Cladribin führte öfter zu massivem Mangel an weißen Blutkörperchen
Die Forscher berichten, dass in beiden Gruppen Nebenwirkungen allgemein und schwere Nebenwirkungen gleich oft auftraten. Einzig ein deutlicher Mangel an weißen Blutkörperchen trat bei der Kombination mit Cladribin bei etwa 40 % der so behandelten Teilnehmer auf. Bei mehr Patienten als in Studien mit Cladribin alleine trat unter der Kombination mit Beta-Interferon ein massiver Mangel an weißen Blutkörperchen auf. Diese Nebenwirkung ist auf die Wirkungsweise von Cladribin zurückzuführen, dass in B- und T-Zellen des Immunsystems zu Schäden führt und so die Anzahl der Immunzellen vorübergehend senkt.
Zusätzliches Cladribin senkte aber auch Krankheitsaktivität
Gleichzeitig war bei einer zusätzlichen Behandlung mit Cladribin die Wahrscheinlichkeit für weitere Schübe um 63 % geringer als bei den Patienten, die zusätzlich das Placebo erhielten. Auch die bei radiologischen Untersuchungen beobachte Krankheitsaktivität konnte durch die zusätzliche Gabe von Cladribin nachweislich stärker reduziert werden, als mit Beta-Interferon allein.
Weiter Forschung nötig – kein Hinweise auf Vorteil gegenüber Wechsel zu Cladribin
Die Forscher geben abschließend zu bedenken, dass die Ergebnisse der Untersuchung in weiteren und größer angelegten Untersuchungen bestätigt werden müssen, um die Wirksamkeit abschließend beurteilen zu können. In Untersuchungen zur Wirksamkeit von Cladribin alleine zeigte sich bereits eine geringe durchschnittliche jährliche Schubrate bei den Teilnehmern, die auch den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung entsprechen. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung, so die Forscher, liefern weitere Daten für die Wirksamkeit von Cladribin für die Behandlung von Menschen mit schubförmigen MS-Verläufen. Jedoch spräche die höhere Zahl der Patienten mit ausgeprägterem Mangel an weißen Blutkörperchen eher gegen die Kombination von Cladribin mit Beta-Interferon.
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