Siponimod für die Behandlung sekundär progredienter Multipler Sklerose
Original Titel:
Prospects of siponimod in secondary progressive multiple sclerosis.
MedWiss – Ein Wissenschaftsartikel berichtet über die Ergebnisse einer Phase-III-Studie zu Siponimod bei der Behandlung von sekundär progressiver Multipler Sklerose. Der Wirkstoff zeigte Vorteile gegenüber der Behandlung mit einem Placebo, der Wirkmechanismus ist aber noch nicht ganz klar.
Die Charakterisierung und Behandlung progredienter Verlaufsformen der Multiplen Sklerose stellt ein schwieriges Forschungsfeld dar. Das zeigt sich auch darin, dass immer noch nach Behandlungsoptionen für progrediente Verläufe gesucht wird. Ein Wissenschaftsartikel aus den USA berichten daher über die Ergebnisse der EXPAND-Studie und die Wirkmechanismen von Siponimod.
Siponimod wirkt ähnlich wie Fingolimod
Siponimod wirkt auf sogenannte Sphingosin-Phosphat-Rezeptoren. Diese Rezeptoren steuern verschiedene Funktionen der Zelle, z. B. Zellteilung oder wohin Zellen wandern. Durch ihre Hemmung können z. B. weiße Blutkörperchen daran gehindert werden, die Lymphknoten zu verlassen, wie es bei Fingolimod der Fall ist, einem bereits zugelassenen Wirkstoff dieser Klasse. An zwei weiteren Wirkstoffen, Ponesimod und Ozanimod, wird noch geforscht.
Vergleich mit Placebo-Medikament
In der EXPAND-Studie wurde die Wirkung des noch nicht für die Behandlung von MS zugelassenen Wirkstoffs Siponimod bei sekundär progressiver Multipler Sklerose untersucht. Dazu wurden 1646 MS-Patienten mit dieser Verlaufsform zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. 1099 von ihnen wurden mit Siponimod behandelt, 546 erhielten ein Placebo. Weder Ärzte noch Patienten wussten, zu welcher Gruppe sie gehörten. Die Teilnehmer wurden so lange behandelt, bis bei einer vorher festgelegten Anzahl von Patienten ein bestimmter Krankheitsfortschritt erreicht war. Entsprechend wurden die Patienten unterschiedlich lange behandelt. Insgesamt vollendeten 81 % der Teilnehmer die Begleituntersuchungen der Studie. Die Patienten wurden zwischen 11 und 37 Monate begleitet.
Risiko für Krankheitsfortschritt war unter Siponimod geringer
Die Wissenschaftler untersuchten die Patienten auf Zeichen des Krankheitsfortschritts und dokumentierten, wie weit der Krankheitsfortschritt nach drei und sechs Monaten war. Während der Behandlung mit Siponimod sank das Risiko für einen bestätigten Krankheitsfortschritt innerhalb von drei Monaten um 21 % im Vergleich zur Placebogruppe. Im Zeitraum von sechs Monaten sank dieses Risiko um 26 % im Vergleich zur Placebogruppe. Die Wissenschaftler stellten außerdem fest, dass die Zahl der festgestellten Schübe in der Siponimod-Gruppe nachweislich geringer war, ebenso wie die Zeit bis zum bestätigten ersten Schub. Auch die Ergebnisse der MRT-Untersuchungen der Teilnehmer, die Siponimod erhielten, fielen besser aus. Nur bei der Zeit, bis eine dreimonatig bestätigte Verschlechterung von mindestens 20 % im 25-Fuß-Gehtest messbar war, war Siponimod nicht besser als die Placebobehandlung.
Ähnlich wie bei Ocrelizumab nicht für alle Patienten von Vorteil?
Analysen von Untergruppen der Studie zeigten, dass die Wirkung von Siponimod weniger ausgeprägt ist bei zunehmendem Alter, Behinderung, Dauer der Erkrankung und abnehmenden Anzeichen von Krankheiten. Dies sei ähnlich wie die Ergebnisse zum Einsatz von Ocrelizumab bei progressiver MS, merken die Wissenschaftler an. Auch hier war die Wirkung größer bei jüngeren Patienten und solchen, bei denen Krankheitsaktivität im MRT zu Beginn der Behandlung sichtbar war. Das werfe die Frage auf, so die Autorin, ob tatsächlich die entzündungshemmende Wirkung von Siponimod alleine für diese Ergebnisse verantwortlich ist, oder ob der Wirkstoff auch noch auf anderen Wegen wirkt, die bei Untersuchungen mit Mäusen gezeigt werden konnten.
Nebenwirkungen vergleichbar mit Fingolimod
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse während der Behandlung mit Siponimod waren ein andauernder Mangel an weißen Blutkörperchen, erhöhte Leberwerte, ein verlangsamter Herzschlag bei Behandlungsbeginn, Makulaödem, Bluthochdruck, Gürtelrose und Krämpfe. Die meisten dieser unerwünschten Ereignisse sind auch von anderen Wirkstoffen der gleichen Klasse bekannt.
Siponimod ist interessanter Wirkstoffkandidat
Die Autorin fasst zusammen, dass in einer großen, placebokontrollierten Studie festgestellt wurde, dass Siponimod das anhaltende Fortschreiten der Behinderung bei sekundär progressiver MS verlangsamt und ein akzeptables Sicherheitsprofil aufweist. Weitere Untersuchungen seien aber nötig, um den Wirkmechanismus von Siponimod besser zu verstehen. Insgesamt ist Siponimod ein interessanter Wirkstoffkandidat für die Behandlung von sekundär progressiver MS.
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