Nebenwirkungen durch Placebo

Original Titel:
Incidence of Placebo Adverse Events in Randomized Clinical Trials of Targeted and Immunotherapy Cancer Drugs in the Adjuvant Setting: A Systematic Review and Meta-analysis

Dieser systematische Review mit Meta-Analyse verdeutlichte, dass Patienten in Kontrollgruppen von klinischen Studien zu modernen Krebsmedikamenten im beträchtlichen Ausmaß von schweren Placebo-Nebenwirkungen betroffen sein können.


Wie wirken sich Placebo in klinischen Studien auf Patienten aus? Studienergebnisse aus dem onkologischen Bereich berichten über ein gutes Ansprechen und Verbesserungen von klinischen Outcomes. Wie sieht es aber mit Nebenwirkungen aus, die aus der Einnahme von Placebo resultieren? Der vorliegende systematische Review mit Meta-Analyse versucht aufzuklären. Die Forschungsfrage lautete: Wie hoch ist die Inzidenz von Placebo-Nebenwirkungen Grad 3 und 4 in randomisierten, klinischen Studien zu modernen Krebsmedikamenten, die im adjuvanten Setting verabreicht werden?

Methode:

  • Systematische Literaturrecherche in PubMed zu englischsprachigen Publikationen von Januar 2000 bis April 2018
  • Orientierung am PRISMA-Statement
  • Es wurden nur Studien ausgewählt, die mindestens doppelblinde, placebokontrollierte, randomisierte Phase-III-Studien waren; Voraussetzung bei den Patienten: mikroskopisch vollständige Resektionen
  • In der Kontrollgruppe durften nur das Placebo und keine weiteren Medikamente verabreicht werden; in der Interventionsgruppe fanden ausschließlich zielgerichtete Therapien (Tyrosinkinase, BRAF, oder MEK-Inhibitoren) oder Medikamente zur Immuntherapie Anwendung
  • Ausschluss von Studien mit Chemotherapie, Interferonen oder endokriner Therapie

Ergebnisse:

  • Einschluss von 10 Studien mit 4 Tumor-Typen (Hautkrebs, nicht-kleinzelliger Lungenkrebs, gastrointestinale Stromatumoren, Nierenzellkarzinom)
  • Einschluss von 11 143 Patienten, 6270 (56,3 %) in den Interventionsgruppen und 4873 Patienten (43,7 %) in den Placebogruppen
  • Die Inzidenz für Placebo-Nebenwirkungen von jeglichem Schweregrad lag bei 85,1 % (95 % CI 79,2 % bis 91,0 %)
  • Zu den häufigsten Nebenwirkungen (Angabe als Durschnitt mit Standardabweichung) vom Schweregrad 3 und 4 zählten Bluthochdruck (2,8 % [2,2 %], Fatigue (1,0 % [0,9 %]) und Diarrhöe (0,8 %, [0,6 %])
  • Die gepoolte Inzidenz von Nebenwirkungen Grad 3 und 4 lag bei 18 % (95% CI, 15–21 %) mit hohem Ausmaß an Heterogenität (I2 = 86 %)
  • Die Häufigkeit von Placebo-Nebenwirkungen Grad 3 und 4 korrelierte zwischen Interventions- und Placebogruppen
  • Die durchschnittliche Anzahl an Studienabbrüchen aufgrund der Placebo-Nebenwirkungen lag bei 3,9 % (95 % CI, 2,7–5,2 %)

Fazit: In klinischen Studien zu modernen Krebsmedikamenten, die im adjuvanten Setting verabreicht werden, treten Placebo-Nebenwirkungen bei den Patienten aus den Kontrollgruppen häufig auf. Dieser Umstand sollte künftig bei der Planung von Studien und bei der Beratung von Patienten mehr Berücksichtigung finden.

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