„Fit für Führung und Familie“: Projekt veröffentlicht Ergebnisse
Das Bundes-Projekt „Fit für Führung und Familie“ veröffentlicht jetzt erste Ergebnisse. Ziel des Forschungsvorhabens unter Leitung von Prof. Dr. Irene Gerlach, Professorin an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum, sind Unterstützungskonzepte für Führungskräfte im Handwerk. Im Projekt zeigt sich, dass die Zielgruppe mit massiven Zeitkonflikten zu kämpfen hat, die eine Balance von Privat- und Erwerbsleben erschweren und die Gesundheitsfürsorge stark beeinträchtigen.
Das Projekt „Fit für Führung und Familie“ wird seit Anfang 2017 vom Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP), ein Forschungsschwerpunkt an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, durchgeführt. Das Forschungsvorhaben beschäftigt sich zum einen mit der gesundheitlichen Selbstfürsorge für Führungskräfte im Handwerk. Zum anderen wurde die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für diese Zielgruppe untersucht. Das Forschungsvorhaben wird gemeinsam mit der Handwerkskammer Münster und der IKK classic umgesetzt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.
Der Fachkräftemangel und das Auftragshoch im Handwerk stellen viele Handwerksbetriebe vor große Herausforderungen. Gerade die Führungskräfte im Handwerk sind in diesem Umfeld hohen Belastungen ausgesetzt. Die Zielgruppe benötigt Handreichungen und Angebote, um leistungsfähig im beruflichen und privaten Bereich zu bleiben. Denn die verschiedenen Studien im Rahmen des Projektes haben gezeigt: Führungskräfte im Handwerk sind häufig mehrfach belastet.
Im anspruchsvollen Arbeitsalltag bleibt oft keine Zeit, um sich bewusst mit seiner Gesundheit und den Wünschen nach ausgewogenen Arbeits- und Familienzeiten zu beschäftigen. Über verschiedene Veranstaltungsformate und Betriebsbesuche sensibilisiert das Projekt für einen gesünderen Arbeitsalltag und eine verbesserte Zeiteinteilung für die Familie.
„Führungskräfte sind in ihren Betrieben wichtige Vorbilder für die Mitarbeitenden und daher in unserem Projekt Dreh- und Angelpunkt für eine gelingende Vereinbarkeit im gesamten Betrieb“, sagt Irene Gerlach. „Ihnen kommt eine Vorreiterfunktion zu, wenn es darum geht, Maßnahmen für die Gesundheit und zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu nutzen und auch zu leben.“
Im Projekt „Fit für Führung und Familie“ werden nicht nur Informationen vermittelt, sondern auch ganz konkrete und individuelle Instrumente entwickelt. Diese sind so niederschwellig, dass sie von den belasteten Arbeitnehmenden gut angewendet werden können. In den Veranstaltungen kommen Themen wie „Burnout“, „Stressmanagement“, „Delegation“ und „erfolgreiche Kommunikation“ auf den Tisch. „Zum Beispiel wurde den Führungskräften im Seminar ‚Stressmanagement‘ eine Strategie zur systematischen Problemlösung an die Hand gegeben“, berichtet Sabrina Benighaus, Projektmitarbeiterin vom Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP). „Sehr wichtig ist für die Teilnehmenden auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Führungskräften, welche häufig mit den gleichen Herausforderungen kämpfen.“
Die Ergebnisse der im Projekt durchgeführten Studien belegen, dass Handwerkskammern und Führungskräfte ähnliche Belastungen und Herausforderungen sehen. Anhand von Leitfadeninterviews mit den Handwerkskammern in NRW und der Befragung unter Führungskräften wird deutlich: Führungskräfte im Handwerk sind von massiven Zeitkonflikten betroffen.
Darüber hinaus zeigten die Befragungen, dass im Handwerk noch ausgeprägte traditionelle Rollenverteilungen bestehen, die sich auf die Findung von Lösungen zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf auswirken. Die Belastungssituation von Führungskräften wird zudem durch die hohen Wochenarbeitsstunden verschärft.
Beim Blick auf die Selbstfürsorge dieser Zielgruppe zeigt die Befragung, dass weibliche Führungskräfte des Handwerks wesentlich achtsamer mit sich und ihrer Gesundheit umgehen als ihre männlichen Kollegen. Eine Erkenntnis ist somit, dass für männliche Führungskräfte gezielt zugeschnittene Gesundheitsanagebote entwickelt und angeboten werden sollten.
„Das Projekt gibt nicht nur Aufschluss über den Status Quo der Themen Gesundheit und Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf im Handwerk, es zeigt auch die Notwendigkeit des Umdenkens in Handwerksbetrieben auf“, so Sabrina Benighaus. „Das Handwerk hat viele Herausforderungen zu meistern“, ergänzt Irene Gerlach. „Wie wir durch die aktuellen Studien festgestellt haben, erkennen das viele, auch sehr kleine Betriebe, und öffnen sich für neue Ansätze. Darin müssen sie bestärkt werden. Führungskräfte im Handwerk sollten sich ihrer bedeutsamen Position bewusst sein und gerade deswegen auch ihre persönliche Situation im Blick behalten. So bleiben sie als Arbeitnehmende leistungsfähig für beide Sphären – die berufliche und die private.“