Alltagsfähigkeiten stark dementer Patienten: soziales Programm stabilisiert wohl längerfristig, Sportprogramm nicht
Original Titel:
Six-month observational follow-up on activities of daily living in people with dementia living in nursing homes after a 6-month group based on either exercise or social activities.
MedWiss – Der längerfristige Vergleich der Alltagsfähigkeiten von Patienten mit schwerer Demenzerkrankung zeigte, dass ein sportliches Übungsprogramm den Betroffenen nicht half – die gemessenen Alltagsfähigkeiten nahmen sogar ab. Soziale Aktivitäten trugen dagegen zu einem stabilen Wert bei. Das heißt, ein halbes Jahr nach Ende der Programme wirkte bei den Patienten der Effekt der sozialen Förderung nach, die sportliche Intervention aber offenbar nicht.
In früheren Studien wurde gezeigt, dass die Alltagsfähigkeiten von Patienten mit einer Demenzerkrankung, die im Pflegeheim lebten, messbar besser wurden, wenn die Betroffenen an einer Intervention mit sportlichen Übungen teilnahmen. Die Alltagsfähigkeiten wurden dazu typischerweise mit Fragebögen bzw. Testskalen wie dem standardisierten ADL-Test (activities of daily living) ermittelt. In früheren Studien zeigten sich aber auch Widersprüchlichkeiten in der Nachbeobachtung, die Forscher mit dieser neuen Untersuchung nun aufklären wollten.
Unklare Ergebnisse in früheren Studien: hilft Sportprogramm dementen Patienten längerfristig?
Dazu ermittelten sie die Alltagsfähigkeiten mit der ADL-Skala während einer halbjährigen Beobachtungsstudie anschließend an eine halbjährige Intervention entweder mit sportlichen Übungen oder sozialen Aktivitäten. Die Studie wurde mit Patienten mit schwerer Demenz durchgeführt, die im Pflegeheim lebten. Nach zufälliger Zuordnung von Patientengruppen mit insgesamt 91 Betroffenen im Pflegeheim nahmen 44 Patienten an einem strukturierten Sportprogramm über 6 Monate teil. 47 weitere Patienten nahmen dagegen im selben Zeitraum an einem Programm mit sozialen Aktivitäten teil.
Nach diesen halbjährigen Programmen konnten 85 der Patienten für die weitere Nachbeobachtung untersucht werden. 6 Monate anschließend an die Interventionsphasen wurden die Alltagsfähigkeiten der Patienten ermittelt. Dies wurde mit dem IADL (Alltagsfähigkeiten mit Instrumenten, also etwa Telefonieren oder Kochen) und ADL (allgemeine Alltagsfähigkeiten wie Essen oder Körperpflege) ermittelt und mit der Alzheimer-spezifischen Skala für Alltagsfähigkeiten bei stark betroffenen Patienten bewertet (Alzheimer’s Disease Cooperative Study Activities of Daily Living Inventory for Severe Alzheimer’s Disease, ADCS-ADL-sev). Nach dieser Skala von 0 bis 51 gelten höhere Werte als besser.
Messung von Alltagsfähigkeiten mit und ohne Werkzeugnutzung
Im Vergleich zu den Teilnehmern, die an sozialen Aktivitäten teilnahmen, nahmen die Alltagsfähigkeiten der Patienten im Sportprogramm erstaunlicherweise messbar ab. Dies zeigte sich in einem niedrigeren Wert in der ADCS-ADL-Skala. Der mittlere Unterschied in diesem Wert zwischen den Gruppen betrug 4,6 Punkte. Am stärksten betroffen war der Instrumente-Aspekt der Alltagsfähigkeiten (IADL).
Erstaunliches Ergebnis: schlechtere Alltagsfähigkeiten 6 Monate nach dem Sportprogramm
Der längerfristige Vergleich der Alltagsfähigkeiten von Patienten mit schwerer Demenzerkrankung zeigte demnach, dass ein sportliches Übungsprogramm den Betroffenen nicht half – die gemessenen Alltagsfähigkeiten nahmen sogar ab. Soziale Aktivitäten trugen dagegen zu einem stabilen Wert bei. Das heißt, ein halbes Jahr nach Ende der Programme wirkte bei den Patienten der Effekt der sozialen Förderung nach, die sportliche Intervention aber offenbar nicht. Wie dieses Ergebnis im Detail zu verstehen ist und wie man entsprechend Förderprogramme in Zukunft besser gestalten könnte, wird nun weiter ermittelt werden müssen.
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