Hoch dosiertes Biotin: Einnahme kann Laborwerte verfälschen
Original Titel:
Rote-Hand-Brief zu Biotin
MedWiss – Die Einnahme von Biotin kann Auswirkungen auf Laborwerte haben, wenn bestimmte Tests dafür angewandt werden. So können ernsthafte Beschwerden z. B. nicht erkannt werden, warnen Firmen, die die Produkte vertreiben.
Hoch dosiertes Biotin wird als mögliche Behandlung von Multipler Sklerose gehandelt. Es gibt Hinweise aus wissenschaftlichen Studien, die auf eine nervenschützende Wirkung oder gar einen Beitrag zur Reparatur der schützenden Myelinschicht der Nerven durch Biotin hinweisen.
Wirkung und Sicherheit sowie Langzeitfolgen von hoch dosiertem Biotin unklar
Bisher ist aber noch nicht ganz klar, ob Biotin wirklich hilft und welche Langzeitwirkungen und eventuelle Nebenwirkungen eine Behandlung mit Biotin haben könnte. Hierzu bedarf es weiterer gut gemachter Untersuchungen. Eine französische Firma, die hoch dosiertes Biotin als Arzneimittel herstellt, hatte aus diesen Gründen einen Antrag auf Zulassung in der Europäischen Union wieder zurückgezogen, da absehbar war, dass nicht genügend Daten vorlagen, um Wirkung und Sicherheit einwandfrei zu belegen.
Absprache mit Ärzten unerlässlich
Experten raten Menschen mit MS von einer Selbstmedikation ab. Sollte dennoch eine Behandlung angestrebt werden, sollte das nur in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten erfolgen. Denn nicht nur ist unklar, ob und zu welchen Nebenwirkungen hoch dosiertes Biotin führen kann, es kann die Ergebnisse von Laborwerten erheblich beeinflussen und damit sogar das Leben der Patienten gefährden. Darauf macht aktuell ein Rote-Hand-Brief der Firmen, die biotinhaltige Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke vermarkten, in Absprache mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufmerksam. Der vollständige Rote-Hand-Brief findet sich hier. Rote-Hand-Briefe sind Informationsschreiben, mit denen in Deutschland Ärzte und Apotheker über neu erkannte Risiken von Arzneimitteln informiert, fehlerhafte Arzneimittelchargen zurückrufen oder andere wichtige Informationen bekannt geben werden.
Bestimmte Untersuchungsverfahren werden durch Biotin gestört
Das Problem ist, dass bei bestimmten Testverfahren, die für Laboruntersuchungen angewendet werden, Biotin in den Proben das Ergebnis verfälscht. Beispiele für solche Laboruntersuchungen sind Tests zu Hormonen sowie Herz‐, Tumor‐ oder Infektionswerte. Auch HIV-Tests können mit solchen Testverfahren durchgeführt werden. Daher sollen Ärzte und Apotheker besonders aufmerksam sein bei Patienten mit Nierenschwäche, Neugeborenen, Kindern und Schwangeren, bei denen solche Verfälschungen gemeldet wurden. Auch bei einer hoch dosierten Biotin-Therapie können Laborwerte verfälscht werden.
Ernsthafte Gesundheitsprobleme könnten so nicht erkannt werden
Ärzte berichteten von einem Patienten, bei dem eine Hochdosis-Biotin-Therapie zu verfälschten Werten bei einer Untersuchung auf eine mögliche Herzschädigung führten. Dadurch wurde ein Herzinfarkt nicht rechtzeitig erkannt. Auch von falschen Schilddrüsenwerten berichteten Ärzte.
Wenn Ärzte Bescheid wissen, können sie Biotin-unempfindliche Tests anordnen
Es ist daher wichtig, dass die behandelnden Ärzte von einer Einnahme von Biotin wissen. Nur so können sie im Laborauftrag vermerken, dass die Untersuchung so durchgeführt wird, dass Biotin keinen Einfluss auf die Ergebnisse hat – und korrekte Ergebnisse für die Behandlung des Patienten erhalten.
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Referenz:
Gelbe Liste, Rote-Hand-Brief zu Biotin vom 15.05.2019, abgerufen am 15.05.2019 MS-Stiftung Trier, "Kein Bonbon: Biotin", vom 15.06.2018, abgerufen am 15.05.2019