Mit der Pille gegen MS?
Original Titel:
Serum Lipoprotein Profile Is Associated With Protective Effects of Oral Contraceptive Use on Multiple Sclerosis Severity: A Cross-Sectional Study
MedWiss – Möglicherweise haben die Geschlechtshormone Einfluss auf den Verlauf von MS. Portugiesische Wissenschaftler haben untersucht, ob die Einnahme der Pille dabei eine Rolle spielen könnte.
Welchen Einfluss Geschlechtshormone auf Multiple Sklerose haben, ist bisher unklar. Wissenschaftler vermuten, dass die Hormone jedoch einen Einfluss auf die Erkrankung haben, da sie mit dem Fettstoffwechsel interagieren und so die Zusammensetzung der Blutfette beeinflussen können. Die Zusammensetzung der Blutfette wiederum wurde in der Forschung mit der Schwere der MS-Erkrankung in Zusammenhang gebracht.
Beide Geschlechter produzieren bestimmte Menge der Sexualhormone
Am bekanntesten sind die Hormone Östrogen und Testosteron. Daneben gibt es aber noch eine ganze Reihe weiterer Geschlechtshormone, die ebenfalls verschiedene Funktionen im Körper steuern. Östrogen gilt als weibliches Geschlechtshormon, Testosteron als das, was den Mann zum Mann macht. Tatsächlich produzieren jedoch beide Geschlechter sowohl „weibliche“ als auch „männliche“ Geschlechtshormone – jedoch in verschiedenen Konzentrationen. So überwiegt bei Männern Testosteron und bei Frauen Östrogen.
Zusammenhang zwischen Blutfetten, Pille und MS?
Portugiesische Forscher wollten die Theorie prüfen, dass der mögliche Zusammenhang zwischen Blutfettwerten und Multipler Sklerose durch die Geschlechtshormone gesteuert werden könnte. Daher haben sie sich angeschaut, ob die Einnahme oraler Verhütungsmittel (Anti-Baby-Pille, Minipille) Veränderungen im Profil der Blutfettwerte hervorruft und, ob dies mit der Behinderung von Frauen mit MS in Verbindung gebracht werden kann.
Vergleich zwischen Frauen, die orale Verhütung einnahmen und solchen ohne
Sie sammelten dazu Daten von 133 Frauen mit schubförmiger MS, aus dem Zeitraum als diese noch nicht mit MS-Medikamenten behandelt wurden. Die Frauen waren im Mittel seit 6,5 Jahren an MS erkrankt. Die Wissenschaftler verglichen die Daten von Frauen, die seit ihrer MS-Erkrankung orale Verhütungsmittel verwendeten, mit den Daten von Frauen, die noch nie so verhütet hatten oder vor ihrer Diagnose damit aufgehört hatten.
Verschiedene Faktoren erfasst und ausgewertet
Sie schauten sich an, welche Genvariante die Frauen für einen speziellen Baustein des Fettstoffwechsels hatten. Für Apolipoprotein E gibt es bei Menschen verschiedene Baupläne, die im Erbgut stehen können. Bestimmte Varianten werden mit einem höheren Risiko für manche Erkrankungen in Verbindung gebracht. Außerdem erfassten die Wissenschaftler die Blutfettwerte der Teilnehmerinnen, die jährliche Schubrate, den Behinderungsgrad (EDS-Wert) und die Schwere der Erkrankung (MSS-Wert). Diese Daten werteten die Wissenschaftler dann statistisch aus.
Blutfettwerte standen statistisch mit Behinderung und Schweregrad in Verbindung
Die Blutfettwerte für LDL standen in der statistischen Auswertung im Zusammenhang mit einem höheren Behinderungsgrad (EDS-Wert) und einer größeren Schwere der Erkrankung (MSS-Wert) bei allen Teilnehmerinnen. Bei Teilnehmerinnen, die die Genvariante E3/E3 für Apolipoprotein E trugen, waren Behinderungsgrad und Schwere der Erkrankung geringer bei Frauen, die die Pille nahmen im Vergleich zu Frauen, die das nicht taten. LDL und Cholersterol standen bei ihnen in der statistischen Auswertung im Zusammenhang mit dem Behinderungsgrad. LDL und Triglyceride bzw. HDL standen bei dieser Gruppe von Teilnehmerinnen im Zusammenhang mit der Schwere der Erkrankung bei Patientinnen, die orale Verhütungsmittel nutzten. Bei den Teilnehmerinnen, die nicht oder nicht mehr mit der Pille verhüteten, standen die Apolipoprotein-E-Werte im Zusammenhang mit dem Behinderungsgrad und der Schwere der Erkrankung. Keinen statistisch nachweisbaren Zusammenhang sahen die Wissenschaftler zwischen den Blutfettwerten, dem Gebrauch von oralen Verhütungsmitteln und der jährlichen Schubrate.
Wissenschaftler sehen mögliche Schutzwirkung durch Pille
Die Wissenschaftler fassen ihre Ergebnisse damit zusammen, dass das Profil der Blutfettwerte im Zusammenhang mit schützenden Effekten des Gebrauchs von oralen Verhütungsmitteln bei Frauen mit schubförmiger MS steht. Möglicherweise könnte dies den Behinderungsgrad der Patientinnen beeinflussen. Der Fettstoffwechsel könnte möglicherweise eine Rolle spielen bei der modulierenden Wirkung der Geschlechtshormone auf die Schwere der Erkrankung.
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