Blutkrebs: wann Wirkstoffe wirken
Neuer Marker für die Behandlung von Leukämiepatienten gefunden.
Patienten, die an einer akuten myeloischen Leukämie (AML) – einer bestimmten Form des Blutkrebses – leiden, werden mithilfe der Chemotherapie behandelt. Häufig werden für ältere Patienten die Wirkstoffe Decitabin und Azacitidin – sogenannte DNA-Methyltransferase-Inhibitoren – verwendet, weil die Betroffenen keine intensive Chemotherapie vertragen. Doch nur ein Teil der AML-Patienten spricht auf diese Behandlung an. Es ist allerdings bisher vor Therapiebeginn nicht möglich, abzuschätzen, welche Patienten von diesen Wirkstoffen profitieren werden und welche nicht.
Vermeintlich gleichwertige Wirkstoffe: wichtiger Unterschied gefunden
Jüngst hat zu diesem Problem ein multidisziplinäres internationales Team mit Kooperationspartnern aus Deutschland, den USA und Großbritannien eine Studie durchgeführt, die von der Frankfurter Stiftung für krebskranke Kinder und vom Verein Hilfe für krebskranke Kinder Frankfurt gefördert wurde. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass das Enzym SAMHD1 die aktivierte Form von Decitabin in ihre inaktive Ausgangsform zurücküberführt. Das verhindert eine therapeutische Aktivität.
Interessanterweise wird die Wirkung von Azacitidin nicht durch SAMHD1 beeinflusst. Die Ergebnisse, die unter dem Titel „Selective inactivation of hypomethylating agents by SAMHD1 provides a rationale for therapeutic stratification in AML“ in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlich wurden, zeigen, dass es bedeutende Unterschiede zwischen diesen häufig als gleichwertig betrachteten Arzneistoffen gibt. Darüber hinaus könnte die SAMHD1-Menge in den AML-Zellen als Marker vorhersagen, wie empfindlich diese für Decitabin sind. Dies ist von potentiell klinischer Bedeutung.
Frankfurter Wissenschaftler in internationalem Forscherteam
Die Forschungsarbeit wurde geleitet von Prof. Jindrich Cinatl vom Universitätsklinikum Frankfurt und Prof. Oliver Keppler von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Beteiligt waren zahlreiche Arbeitsgruppen der Goethe-Universität Frankfurt sowie Wissenschaftler der Universitäten Göttingen, Greifswald, München, Münster, Cambridge und Kent in Großbritannien sowie Yale/USA. Der Erstautor der Studie, Prof. Thomas Oellerich von der Goethe-Universität, sagte zu den Ergebnissen: „Es besteht jetzt die berechtigte Hoffnung, dass in absehbarer Zeit Patienten von diesen neuen Forschungsergebnissen profitieren werden.“ Prof. Oellerich hält eine Professur des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung. Das Universitätsklinikum ist zusammen mit der Universität Mainz ein Standort dieses Gesundheitszentrums, das vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert wird.
Publikation
Nat Commun. 2019 Aug 2;10(1):3475. doi: 10.1038/s41467-019-11413-4.