Exploratorische Analyse der Wirkung von Ocrelizumab: längerfristig langsamere Progression der Beeinträchtigung bei primär progressiver Multiple Sklerose
Original Titel:
Ocrelizumab reduces progression of upper extremity impairment in patients with primary progressive multiple sclerosis: Findings from the phase III randomized ORATORIO trial.
- Primär progressive Multiple Sklerose (PPMS) schadet häufig der Arm- und Hand-Kontrolle
- Neurologen ermittelten, ob Ocrelizumab die Schädigung verlangsamen kann
- Messungen zeigten nach 2,5 Jahren geringere Verschlechterungen mit dem Wirkstoff als mit Placebo
MedWiss – Schlechter kontrollierbare Arm- und Handbewegungen sind eine häufige Folge der primär progressive Multiple Sklerose (PPMS). Ein internationales Team von Neurologen ermittelte nun, ob der Wirkstoff Ocrelizumab eine Chance auf Verlangsamung dieses Symptoms im Krankheitsverlauf bietet oder eventuell gar Hoffnung auf Verbesserungen machen kann. Die exploratorische Analyse einer klinischen Studie zeigte eine messbar langsamere Progression der Bewegungsbeeinträchtigung in der langfristigen Beobachtung als mit einem Placebo.
Die Beeinträchtigung der Kontrolle der oberen Extremitäten – also schlechter kontrollierbare Arm- und Handbewegungen – ist eine häufige Folge der primär progressiven Multiplen Sklerose (PPMS). Solche Symptome möglichst lange zu verhindern, ist ein wichtiges Behandlungsziel.
In einer exploratorischen Analyse untersuchten Forscher nun, wie sich die Behandlung mit Ocrelizumab auf Fortschritt der Beeinträchtigung oder aber eine Verbesserung der Arm- und Handbewegung auswirkte. Diese Analyse wurde anhand der Behandlungsdaten einer klinischen Studie der Phase 3 durchgeführt.
Bietet Ocrelizumab eine Chance auf Verlangsamung der Bewegungseinschränkungen im Krankheitsverlauf?
Patienten mit PPMS erhielten Infusionen mit Ocrelizumab (600 mg) oder einem Placebo über mindestens 2,5 Jahre in einem halbjährlichen Rhythmus. Zu Beginn der Behandlung und anschließend alle 3 Monate wurde ein klassischer Test zur Handkontrolle durchgeführt, in dem Patienten neun Dübel aus einem Behälter entnehmen und in spezielle Löcher eines Testbrettes stecken und schließlich wieder in den Behälter zurücklegen sollen (nine-hole peg test, 9HPT). Wie lange Betroffene für diese Aufgabe benötigen, gibt Aufschluss darüber, wie stark ihre Handkontrolle infolge der Erkrankung eingeschränkt ist. Zur Analyse wurde daher die benötigte 9HPT-Zeit und der Anteil der Patienten herangezogen, deren Zeit um mindestens 20 % schlechter wurde, also einen durch den 9HPT-Test bestätigten Krankheitsfortschritt zeigten. Im Ergebnisvergleich wurden anfängliche Unterschiede in der 9HPT-Zeit und der Behinderungsgrad (expanded disability status scale, EDSS) berücksichtigt. Abschließend wurde bestimmt, ob sich die Behandlung mit Ocrelizumab auf das Risiko für starke Verschlechterungen der Krankheit auswirkte, und ob es einen Einfluss auf die Chance der Patienten auf Verbesserung hatte.
Das Placebo erhielten 244 Patienten, 488 Patienten erhielten Ocrelizumab. Im Schnitt lag die anfängliche 9HPT-Zeit bei 30,6 Sekunden (Placebo) bzw. 31,86 Sekunden (Ocrelizumab). Die bessere Hand war dabei im Durchschnitt etwa 14 Sekunden schneller (im Mittel 27–28 Sekunden) als die schlechtere Hand. Nach 2,5 Jahren konnten 172 Patienten der Placebogruppe und 400 der Ocrelizumab-Gruppe analysiert werden. Mit Placebo hatten sich die 9HPT-Zeiten um 9,2 Sekunden verschlechtert, mit dem Wirkstoff dagegen nur um 3,5 Sekunden. Ocrelizumab reduzierte demnach messbar das Ausmaß eines Krankheitsfortschritts. Außerdem sank das Risiko auf massivere Verschlechterung im Vergleich zur Scheinbehandlung mit dem Placebo. Tatsächliche Verbesserungen zeigten sich lediglich als statistische Trends, scheinen aber eventuell möglich zu sein.
Messbar langsamere Progression der Beeinträchtigung in der langfristigen Beobachtung
Zusammenfassend zeigte damit diese Analyse, dass der Wirkstoff Ocrelizumab die Verschlechterung der Arm- bzw. Handkontrolle durch primär progressive Multiple Sklerose mindern kann und eventuell eine Chance auf Verbesserungen im Vergleich zu einem Placebo darstellt.
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