Studienübersicht: Vorläufige Unterstützung für manche Nutrazeutika als begleitende Behandlung bei MS
Original Titel:
The effect of emerging nutraceutical interventions for clinical and biological outcomes in multiple sclerosis: A systematic review.
- Wie wirksam und sicher sind Nahrungsergänzungsmittel bei der MS?
- Übersichtsarbeit mit 37 randomisierten kontrollierten Studien und 14 Nahrungsergänzungsmitteln
- Vorläufige Unterstützung für manche Nutrazeutika, Bedarf für weitere Studien
MedWiss – Nahrungsergänzungsmittel, die als ergänzende Behandlung getestet werden, sind sogenannte Nutrazeutika. Ihre Rolle bei der Multiplen Sklerose (MS) ist noch weitgehend unklar. Australische Forscher verglichen nun in einer Studienübersicht Ergebnisse zu 14 verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln als begleitende Behandlung der MS. Vorläufige Unterstützung zeigte sich dabei für manche der Nutrazeutika bei MS, aber vor allem großer Bedarf an Langzeit-Studien mit mehr Patienten.
Rund um die Multiple Sklerose (MS) gilt es nicht nur die Erkrankung direkt, sondern auch diverse Symptome und Folgen der MS zu behandeln. Die verschiedenen Arten von Symptomen benötigen sehr unterschiedliche Ansätze. Entsprechend entstehen auch immer neue Angebote, die mit Blick auf das eine oder andere Symptom eine Verbesserung bewirken sollen. Dazu gehören auch Nahrungsergänzungen verschiedenster Art, die als ergänzende Behandlung getestet werden – sogenannte Nutrazeutika. Ziel dieser Übersichtsarbeit war es, die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener Nahrungsergänzungsmittel zur Behandlung bei der MS zu ermitteln.
Wie wirksam und sicher sind Nahrungsergänzungsmittel bei der MS?
Dazu führten australische Forscher eine systematische Literaturrecherche in drei medizin-wissenschaftlichen Datenbanken durch und schätzten die Vertrauenswürdigkeit der jeweiligen Studienergebnisse ein. Die Wirksamkeit wurde anhand von biologischen Verbesserungen eingeschätzt, die beispielsweise im Vergleich zu einer Kontrollbehandlung mit dem bildgebenden Verfahren MRT gemessen oder anhand von Blutwerten wie beispielsweise der antioxidativen Kapazität und somit reduziertem oxidativem Stress ermittelt wurden. Klinische Verbesserungen waren beispielsweise verringerte Fatigue oder Depression, oder ein gesenkter Behinderungsgrad nach der Skala EDSS (expanded disability status scale) im Vergleich zur Kontrollbehandlung.
Studienübersicht über messbare Verbesserungen mit Nutrazeutika bei MS
Die Experten konnten 37 randomisierte kontrollierte Studien identifizieren, in denen 14 verschiedene Nahrungsergänzungsmittel im Vergleich zu einer Kontrollbehandlung (z. B. Placebo) bei Patienten mit MS untersucht wurden. Die Nutrazeutika, die häufiger und mindestens in einer Studie mit positivem Ergebnis untersucht worden waren, waren Alpha-Liponsäure (6 Studien), Ginkgo biloba (5 Studien), Vitamin A (2 Studien), Biotin (2 Studien), Carnitin (2 Studien) und grüner Tee (2 Studien). Jeweils nur eine kontrollierte Studie konnte für Coenzym Q10, Probiotika, Curcumin, Andrographis paniculata (eine asiatische Pflanze), Ginseng und Verbene (Eisenkraut) analysiert werden.
Vergleich von 37 Studien und 14 verschiedenen Nahrungsergänzungsmitteln
Biologische Verbesserungen und/oder klinische Verbesserungen der MS fanden 4 von 6 Studien mit der Alpha-Liponsäure, 3 von 5 Studien mit Ginkgo sowie beide Vitamin A-Studien. Jeweils eine unterstützende Studie gab es zu Biotin (1/2 Studien), Carnitin (1/2 Studien), grünem Tee (1/2 Studien), Coenzym Q10 (1 Studie), Probiotika (1 Studie), Curcumin (1 Studie), Andrographis paniculata (1 Studie), Ginseng (1 Studie) und Verbene (1 Studie). Dabei waren allerdings die meisten Studien recht klein mit durchschnittlich nur 55 Teilnehmern. Da zudem nur wenige der Nutrazeutika wiederholt in Studien untersucht wurden, die Ergebnisse also kaum repliziert wurden, sind die Ergebnisse bisher noch von geringer Vertrauenswürdigkeit. Die Autoren betonen zusätzlich, dass einige Nutrazeutika wegen möglicher unerwünschter Effekte nur mit Vorsicht eingesetzt werden sollten – dazu zählen beispielsweise grüner Tee, aber auch Inosin, das in einer früheren Studie (Muñoz García et al., 2015 im Fachjournal Acta neurologica Scandinavica erschienen) ergänzend zu einer medikamentösen MS-Behandlung zu Problemen wegen erhöhter Harnsäurewerte führte, aber nicht die MS-Symptome besserte. Zu diesem Nahrungsergänzungsmittel fanden die Autoren keine positiven Ergebnisse.
31 der hier untersuchten Studien wurden allerdings als qualitativ gut bewertet. Das sogenannte Bias-Risiko war demnach gering. Damit ist die Möglichkeit gemeint, dass die gefundenen Effekte beispielsweise dem Studiendesign, einer Voreingenommenheit bei der Interpretation oder einer ungünstigen Teilnehmerauswahl zuzuschreiben sind.
Vorläufige Unterstützung für manche Nutrazeutika bei MS, mehr Bedarf an guten Untersuchungen
Die bisherigen Studien bieten also vorläufige Unterstützung für manche Nutrazeutika zur begleitenden Behandlung der MS. Allerdings besteht Bedarf für weitere Studien, die mit deutlich mehr Patienten für einen längeren Zeitraum Wirksamkeit und Sicherheit der bereits betrachteten und weiterer Nahrungsergänzungsmittel ermitteln.
© Alle Rechte: HealthCom