Sollte die Dosis bestimmter antiretroviraler Wirkstoffe im Alter angepasst werden?
Original Titel:
Pharmacokinetic profiles of boosted darunavir, dolutegravir and lamivudine in aging people living with HIV
- Wissenschaftler untersuchten, ob sich die pharmakokinetischen Eigenschaften von antiretroviralen Wirkstoffen im Alter änderten
- Dolutegravir, Lamivudin und besonders geboostetes Darunavir hatten bei älteren Patienten eine längere Halbwertszeit
- Die pharmakokinetischen Unterschiede erreichten jedoch kein klinisch signifikantes Ausmaß, sodass eine Dosisanpassung im Alter nicht von vornherein nötig zu sein schien
MedWiss – Wissenschaftler untersuchten in einer kleinen Studie, ob sich die pharmakokinetischen Eigenschaften von bestimmten antiretroviralen Wirkstoffen im Alter ändert. Sie stellten zwar fest, dass sich die Halbwertszeit der untersuchten Wirkstoffe im Alter verlängerte, dies nahm jedoch kein klinisch signifikantes Ausmaß an. Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass einen Dosisanpassung im Alter nicht von vornherein nötig ist.
Im Alter verändern sich manche physiologischen Prozesse. Aus diesem Grund kann es sein, dass sich bestimmte Wirkstoffe bei älteren Patienten anders verhalten als bei jüngeren Patienten – also andere pharmakokinetische Eigenschaften aufweisen. Da HIV immer besser behandelt werden kann, werden die Patienten, die mit dieser Infektion leben, immer älter. Altern mit HIV ist somit ein wichtiges Forschungsfeld. Wissenschaftler aus der Schweiz interessierten sich dafür, ob sich die pharmakokinetischen Eigenschaften verschiedener antiretroviraler Medikamente, die im Kampf gegen HIV zum Einsatz kommen, im Alter verändern.
Wissenschaftler untersuchten die pharmakokinetischen Eigenschaften von verschiedenen antiretroviralen Wirkstoffen bei älteren Patienten
Die Wissenschaftler ermittelten bei 19 Patienten mit HIV, die älter als 55 Jahre alt waren und eine stabiles geboostetes Darunavir- oder Dolutegravir-haltiges Behandlungsschema erhielten, die komplette Pharmakokinetik. Außerdem führten sie bei 804 Patienten Einzelmessungen durch, um die Exposition mit verschiedenen antiretroviralen Wirkstoffen bei jüngeren (unter 65 Jahre) und älteren Patienten (mindestens 65 Jahre) zu vergleichen.
Längere Halbwertszeit verschiedener antiretroviraler Medikamente im Alter
Bei der Auswertung der Daten stellten die Wissenschaftler fest, dass die Clearance des geboosteten Darunavir bei älteren Patienten (mindestens 65 Jahre) um 40 % geringer war als bei jüngeren Patienten (jünger als 65 Jahre). Das entspricht den Beobachtungen, die bei anderen Wirkstoffen gemacht wurden, die ebenfalls hauptsächlich von CYP3A verstoffwechselt werden. Die Dolutegravir-Exposition schien unabhängig vom Alter zu sein, da sie bei beiden Altersgruppen ähnlich war. Die Exposition mit Lamivudin stieg hingegen bei älteren Patienten um 11 %. Die Halbwertszeit aller drei Wirkstoffe war bei den älteren Patienten höher als bei den jüngeren Patienten. Am deutlichsten war dies bei geboostetem Darunavir zu sehen. Die höhere Exposition mit den drei Wirkstoffen bewegte sich den Wissenschaftlern zufolge jedoch nicht im klinisch signifikanten Rahmen.
Die Wirkstoffe Dolutegravir, Lamivudin und vor allem geboostetes Darunavir hatten bei älteren Patienten eine längere Halbwertszeit als bei jüngeren Patienten. Laut der Wissenschaftler war die erhöhte Exposition mit den drei Wirkstoffen jedoch nicht von klinischer Bedeutung. Sie schlussfolgerten aus diesen Ergebnissen, dass die Dosis der Wirkstoffe im Alter nicht von vornherein angepasst werden muss.
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