Scheinbehandlungen erzielen die gleiche Wirkung auf die körperliche Belastbarkeit von Patienten mit stabiler Angina wie Behandlungen mit einem Ballonkatheter
Original Titel:
Percutaneous coronary intervention in stable angina (ORBITA): a double-blind, randomised controlled trial.
Bei einer stabilen Angina wird häufig einer Ballonkatheter-Behandlung durchgeführt. Forscher fanden jedoch heraus, dass diese die körperliche Belastbarkeit der Patienten im Vergleich zu einer Scheinbehandlung nicht wesentlich verbesserte.
Patienten, die unter der koronaren Herzkrankheit (KHK) leiden, weisen Verengungen der Koronararterien auf. Diese Verengungen haben zur Folge, dass das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird. Dies führt dazu, dass viele KHK-Patienten ein Engegefühl im Brustraum verspüren. Tritt diese Brustenge (Angina pectoris) nur bei Belastung auf und bleibt die Anfallsdauer, Anfallshäufigkeit und Schmerzintensität konstant, spricht man von einer stabilen Angina. Diese wird standardmäßig mit Hilfe eines Ballonkatheters (PCI kurz für percutaneous coronary intervention) behandelt. Durch einen Ballon, der mit Hilfe eines Katheters zu der verengten Stelle gebracht und dort entfaltet wird, wird die Durchblutung wiederhergestellt. Zur Aufrechterhaltung der Gefäßerweiterung werden Gefäßstützen (Stents) an die betroffene Stelle eingebracht. Doch schon vor 10 Jahren warf eine Studie erste Zweifel in Hinblick auf die Wirksamkeit von PCI bei der Behandlung einer stabilen KHK auf. In dieser Studie zeigte ein amerikanisches Forscherteam, dass unter anderem das Sterberisiko und das Herzinfarkt-Risiko von Patienten mit stabiler KHK nicht sinken, wenn zusätzlich zu der medikamentösen Behandlung eine PCI durchgeführt wurde (Studie von Boden und Kollegen, 2007 in der medizinischen Fachzeitschrift The New England Journal of Medicine veröffentlicht).
Patienten mit einer stabilen Angina bekamen entweder eine Scheinbehandlung oder eine PCI
Ein Forscherteam aus England untersuchte nun die Wirksamkeit von PCI bei der Behandlung der stabilen Angina. In ihrer Studie (ORBITA) wurden 200 Patienten mit stabiler Angina entweder einer PCI (105 Patienten) oder einem Scheineingriff (95 Patienten) unterzogen. Alle Patienten wiesen eine starke Verengung (70 %ige Verengung) einer Koronararterie auf und wurden 6 Wochen lang medikamentös behandelt. Die Patienten absolvierten Belastungstests und füllten Fragebögen zu ihren Symptomen aus. Anschließend unterzogen sich die Patienten einem Eingriff, aber nur bei der Hälfte der Patienten wurde tatsächlich eine Gefäßstütze eingebracht. Die Patienten wussten hierbei nicht, ob sie eine Gefäßstütze erhalten hatten oder nicht. 6 Wochen nach dem Eingriff wurden alle Tests, die vor der Behandlung durchgeführt wurden, wiederholt.
Die PCI erhöhte nicht nennenswert die körperliche Belastbarkeit der Patienten
Der Vergleich machte deutlich, dass es für die Ausdauer keine Rolle spielte, ob der Patient mit einer PCI behandelt wurde oder nur einen Scheineingriff bekommen hatte. Eine kleine Tendenz zu einer längeren körperlichen Belastbarkeit war jedoch bei Patienten mit PCI sichtbar (16,6 s länger). In beiden Patientengruppen kam es zu keinem Sterbefall. Bei 4 Patienten mit Scheinbehandlung kam es jedoch zu Komplikationen, die eine PCI notwendig machten. Außerdem kam es bei insgesamt 5 Patienten zu Blutungen. 2 Patienten aus der PCI-Gruppe und 3 Patienten aus der Placebogruppe waren von diesen betroffen.
Die PCI hatte in Bezug auf die Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit von Patienten mit stabiler Angina und einer starken Verengung einer Koronararterie keinen Vorteil gegenüber einer Scheinbehandlung. Diese Ergebnisse haben bereits zu vielen Diskussionen geführt. Einige Forscher sind der Meinung, dass die Leitlinien, die standardmäßig eine PCI bei stabiler Angina empfehlen, überarbeitet werden müssen. Gegenstimmen merken jedoch an, dass es sich bei dieser Studie um eine kleine Studie mit nur wenigen Teilnehmern handelt. Weitere, größer angelegte Studien sind demnach nötig, um die Ergebnisse zu bestätigen.
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