Neuartiger zielgerichteter Wirkstoff Atezolizumab für Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs
Original Titel:
Phase II Trial of Atezolizumab As First-Line or Subsequent Therapy for Patients With Programmed Death-Ligand 1-Selected Advanced Non-Small-Cell Lung Cancer (BIRCH).
MedWiss – Atezolizumab ist ein neuer zielgerichteter Wirkstoff. Der Antikörper hilft dabei, dass Tumorzellen mit bestimmten molekularen Merkmalen das Immunsystem nicht mehr so einfach austricksen können. Eine aktuelle Studie zeigt, dass auch die Kombination von Atezolizumab mit verschiedenen Chemotherapien gute Ergebnisse erzielt.
Das Mittel der Wahl bei fortgeschrittenem Lungenkrebs ist üblicherweise Chemotherapie, wobei Medikamente verabreicht werden, welche die bösartigen Krebszellen abtöten sollen. Allerdings wirken sie auch auf gesunde Zellen, wodurch es häufig zu unangenehmen Nebenwirkungen kommt. Ein neuartiger Behandlungsansatz ist die Verabreichung sogenannter zielgerichteter Therapien. Sie erkennen ganz gezielt bestimmte Merkmale auf den Krebszellen, können daran binden und somit deren Wachstum hemmen oder die Vernichtung mit Hilfe des körpereigenen Abwehrsystems auslösen. Ein neuer zielgerichteter Wirkstoff ist Atezolizumab. Er bindet an ein spezielles Tumor-Merkmal, das sogenannte PD-L1 (Programmed Death-Ligand 1). Bedingung für seine Wirksamkeit ist deshalb, dass die Tumorzellen des zu behandelnden Patienten dieses spezielle Merkmal besitzen. Hierfür sind eine ausgiebige Voruntersuchung und die Bestimmung der Tumoreigenschaften von großer Bedeutung.
Atezolizumab in Kombination mit verschiedenen Chemotherapien auf Wirksamkeit untersucht
Krebsforscher haben eine weltweite Studie durchgeführt, um die Wirksamkeit von Atezolizumab an Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs zu untersuchen. Den Patienten wurden Gewebeproben des Tumors entnommen (Biopsie), um zu überprüfen, ob die Krebszellen das Merkmal PD-L1 besaßen, auf das der Wirkstoff Atezolizumab abzielt. Die Behandlung erfolgte mit 1200 mg Atezolizumab, das alle 3 Wochen mittels Infusion direkt in die Blutbahn verabreicht wurde. Insgesamt wurden 659 Patienten in die Studie aufgenommen und in Abhängigkeit davon, wieviel Linien Chemotherapie sie zuvor bekommen hatten, in 3 Gruppen unterteilt. Eine Therapie-Linie umfasst die Behandlung mit einer Chemotherapie bis zum Krankheitsfortgang, d. h. bis sie nicht mehr wirkt und ein neues Medikament (der zweiten bzw. dritten Wahl) verabreicht werden muss. Demzufolge wurden 3 Patienten-Gruppen gebildet, die entweder Chemotherapie erster Linie (139 Patienten), zweiter Linie (268 Patienten) oder mindestens dritter Linie (252 Patienten) erhalten hatten. Anschließend wurde das objektive Tumoransprechen, also die messbare Verkleinerung, erfasst. Des Weiteren haben die Forscher die Dauer bis zum Ansprechen auf die Therapie, das krankheitsfreie Überleben, d. h. die Zeitspanne zwischen Behandlung und Krankheitsfortgang, und das Gesamtüberleben der Patienten ausgewertet.
Tumor verkleinerte sich und gute Ergebnisse bei der Überlebensdauer
Die Ergebnisse zeigten ein deutliches objektives Ansprechen der Patienten auf die Therapie mit Atezolizumab, d. h. die Tumore wurden messbar kleiner im Vergleich zu früheren Kontrollen ohne den neuartigen Wirkstoff. Innerhalb von 12 Monaten lag die Rate der Tumorverkleinerung zwischen 18 und 22 % in den 3 Patienten-Gruppen. Das mittlere Überleben nach Behandlung mit Atezolizumab betrug in der Gruppe mit Erst-Linien-Chemotherapie 23,5 Monate, in der Gruppe mit Zweit-Linien-Chemotherapie 15,5 Monate und bei den Patienten mit 3 oder mehr Linien 13,2 Monate. Die Sicherheit der Anwendung des neuartigen Wirkstoffs, d. h. das Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen, war in allen Gruppen ähnlich gut und stimmte mit vorherigen Studien, in denen Atezolizumab allein (ohne andere Therapien) verabreicht wurde, überein.
Patienten, bei denen der Tumor entsprechende Merkmale aufweist, profitieren von der Behandlung mit Atezolizumab
Dieser Studie zufolge können Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs, auf deren Tumorzellen sich das Merkmal PD-L1 nachweisen lässt, von einer Behandlung mit Atezolizumab profitieren. Die Verträglichkeit der Therapie war allgemein gut und das Ansprechen der Tumore war messbar. Die Forscher geben an, dass die Untersuchung das Tumor-Merkmals PD-L1 als sogenannter prädiktiver Biomarker genutzt werden könnte, um bereits bei der Therapieplanung entscheiden zu können, welche Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Behandlung mit Atezolizumabam ansprechen werden.
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