Problem: MS-Therapie im Lockdown
Original Titel:
Influence of delaying ocrelizumab dosing in multiple sclerosis due to COVID-19 pandemics on clinical and laboratory effectiveness
- Therapie-Verzögerungen durch den Lockdown – was bewirkt dies bei der MS?
- Analyse von MS-Patienten mit verschobener Ocrelizumab-Infusion
- 33 Patienten
- Bis zu 3 Monate Verzögerungen der Therapie
- Keine Rückfälle, aber Zahl der CD19+ B-Zellen steigend
MedWiss – Wie wirkt sich eine Verzögerung der Therapie bei der Multiplen Sklerose aus? Dieser in Zeiten von Pandemie und Lockdown wichtigen Frage gingen nun Forscher anhand der Daten von 33 MS-Patienten nach, deren Ocrelizumab-Infusion Pandemie-bedingt verschoben werden musste. Es gab Verzögerungen der sonst halbjährlichen Infusion um bis zu 3 Monate. Dies hatte jedoch bei keinem der hier untersuchten Patienten einen Rückfall zur Folge. Die Verzögerung stand allerdings mit einem Marker für den Therapieerfolg, der Zahl spezieller B-Zellen, in Zusammenhang.
In der Pandemie wurden viele Vorsorgeuntersuchungen, planbare Operationen, aber auch wiederkehrende Therapien wie etwas Infusionen verschoben. Dies betraf auch Menschen mit Multipler Sklerose (MS). Forscher untersuchten die klinische Wirkung und Effekte auf Laborparameter einer Verzögerung der Ocrelizumab-Infusion bei MS während der COVID-19-Pandemie.
Therapie-Verzögerungen durch den Lockdown – was bewirkt dies bei der MS?
Dazu durchsuchten sie retrospektiv die elektronische Datenbank einer Klinik und identifizierten Patienten mit MS, bei denen es aufgrund der Coronaviruspandemie zu einer Verzögerung im Therapierhythmus kam. Zu diesen Fällen wurden Alter, Geschlecht, Details zur MS-Erkrankung wie Subtyb und Erkrankungsdauer und Behinderungsgrad EDSS (Expanded Disability Status scale) erfasst.
Außerdem wurden vorhergehende krankheitsmodifizierende Therapien, die Zahl der Ocrelizumab-Zyklen vor dem Lockdown, die Zeitpunkte der ersten Ocrelizumab-Infusion, der letzten Ocrelizumab-Infusion vor dem Lockdown sowie der verzögerten Ocrelizumab-Infusion nach dem Lockdown, Laboruntersuchungen, Rückfälle und EDSS-Progression vor der verschobenen Ocrelizumab-Infusion nach dem Lockdown analysiert. Speziell wurde auch die Zahl der CD19+ B-Zellen analysiert, die unter anderem durch die Ocrelizumab-Therapie reduziert werden und deren wieder Zahl nach vorherigen Untersuchungen als Marker für den Therapieerfolg dienen kann (Ellrichmann et al., 2019 im Fachjournal Journal of Neurology veröffentlicht).
Analyse von MS-Patienten mit verschobener Ocrelizumab-Infusion
33 MS-Patienten konnten in dieser Klinik identifiziert werden, deren Ocrelizumab-Infusion wegen des Lockdowns verschoben werden musste. Das Mittel wird standardmäßig alle 6 Monate gegeben. Die durchschnittliche Zeit zwischen zwei Ocrelizumab-Infusion während des Lockdowns betrug 7,72 +/- 0,64 (6,07 – 8,92) Monate. Die durchschnittliche Zeit zwischen der letzten Ocrelizumab-Infusion und der nächsten Lymphozytenzahl-Testung vor der auf den Lockdown folgenden Infusion betrug 6,59 +/- 0,95 (5,18 – 8,49) Monate. In diesem Zeitraum hatte keiner der hier untersuchten Patienten einen Rückfall.
Die Forscher analysierten, ob sich ein Einfluss der Verzögerung in der Zahl der CD19+ B-Zellen zeigte. Hierbei wurde die Zahl vorheriger Infusion mit Ocrelizumab und der MS-Phänotyp (die schubförmige verlaufende RRMS oder die primär progrediente PPMS) berücksichtigt. Demnach gab lediglich die Wartezeit ab der letzten Ocrelizumab-Infusion bis zur Zellzahl-Testung vor der nächsten Infusion einen Hinweis auf Zahl der CD19+ B-Zellen (B = 7,981; 95 % Konfidenzintervall: 3,277 – 12,686; p = 0,002).
Keine Rückfälle trotz Verzögerung, aber Zahl der B-Zellen steigend
Die Forscher schließen, dass keine klinischen Konsequenzen einer verzögerten Ocrelizumab-Infusion infolge der Coronaviruspandemie festzustellen waren. Allerdings spiegelte sich die Verzögerung in einer wieder ansteigenden Zahl der B-Zellen wider, was eventuell als Frühwarnzeichen interpretiert werden kann.
[DOI: 10.1016/j.msard.2020.102704]
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