Vorherige Antikoagulation rettet Leben bei COVID-19
Original Titel:
Prior use of anticoagulation is associated with a better survival in COVID-19
- Können Gerinnungshemmer vor der Erkrankung den COVID-19-Verlauf beeinflussen?
- Beobachtungsstudie mit 497 Patienten in den Niederlanden
- DOAK oder Vitamin-K-Antagonisten vs. keine Antikoagulation
- Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen
- Überlebensvorteil mit vorheriger Gerinnungshemmung
- DOAKs reduzierten das Risiko besonders deutlich
MedWiss – Die vorliegende niederländische Beobachtungsstudie verglich die Verläufe von COVID-19 bei Patienten, die zuvor in Behandlung mit direkten oralen Antikoagulantien (DOAK) oder mit Vitamin-K-Antagonisten waren, mit Patienten ohne eine solche vorherige gerinnungshemmende Behandlung. Das Sterblichkeitsrisiko war demnach bei Patienten mit gerinnungshemmender Therapie, besonders mit DOAKs, reduziert. Größere Studien müssen nun dieses Ergebnis validieren.
COVID-19, die durch das neue Coronavirus ausgelöste Erkrankung, ist mit einer hohen Inzidenz venöser und arterieller thromboembolischer Ereignisse assoziiert – also Störungen des Blutflusses aufgrund eines Blutgerinnsels. Der Einfluss von Antikoagulantien, die solche Gerinnsel verhindern sollen, auf den Verlauf von COVID-19 und wie sich dabei unterschiedliche Arten gerinnungshemmender Medikationen auswirken, ist bislang nicht ausreichend geklärt und wurde hier nun untersucht.
Können Gerinnungshemmer vor der Erkrankung den COVID-19-Verlauf beeinflussen?
Die vorliegende Beobachtungsstudie verglich die Verläufe von COVID-19 bei Patienten, die zuvor in Behandlung mit direkten oralen Antikoagulantien (DOAK) oder mit Vitamin-K-Antagonisten waren, mit Patienten ohne eine solche vorherige gerinnungshemmende Behandlung. Forscher ermittelten grundlegende Charakteristika von Patienten einer Notaufnahme in den Niederlanden und wie ihre COVID-19-Erkrankung verlief. Vorrangig wurde die Sterblichkeit aufgrund jeder Ursache innerhalb von 30 Tagen nach Krankenhausaufnahme untersucht. In der Analyse berücksichtigten die Forscher dabei Faktoren wie Alter, Geschlecht, Dauer der Symptome, vorherige Medikation zuhause und Begleiterkrankungen.
Beobachtungsstudie mit 497 Patienten: DOAK oder Vitamin-K-Antagonisten vs. keine Antikoagulation
497 Patienten wurden in die Studie aufgenommen, darunter 57 Patienten mit oralen Antikoagulantien (11 %) und 53 Patienten mit Vitamin-K-Antagonisten (11 %). Patienten mit Antikoagulation hatten eine niedrigere Körpertemperatur und niedrigere Werte des C-reaktiven Proteins (CRP, Hinweis auf akute Entzündungsprozesse). Im Vergleich der Sterblichkeit bei Patienten mit Antikoagulation und solchen ohne diese Art der Behandlung zeigte sich ein reduziertes Sterberisiko mit vorheriger Therapie mit antikoagulativen Medikamenten (adjustierte Hazard-Ratio, aHR: 0,64; 95 % Konfidenzintervall, KI: 0,42 – 0,96; p = 0,03). Im Vergleich mit den unterschiedlichen gerinnungshemmenden Mitteln zu der Patientengruppe ohne solche Medikamente schienen DOAKs häufiger von Vorteil zu sein:
- DOAK vs. keine Gerinnungshemmung; aHR: 0,53; 95 % KI: 0,32 – 0,89; p = 0,02
- Vitamin-K-Antagonisten vs. keine Gerinnungshemmung; aHR: 0,77; 95 % KI: 0,47 – 1,27; p = 0,30
In einer Untergruppenanalyse der DOAKs zeigte sich besonders ein Wirkstoff, Dabigatran, als vorteilhaft: 9 von 9 der damit behandelten Patienten überlebten.
Überlebensvorteil mit vorheriger Gerinnungshemmung
In dieser Beobachtungsstudie zeigte sich, dass eine vorherige Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten die Chance für ein Überleben von COVID-19 verbessern könnte. Speziell schienen die Wirkstoffe der DOAK-Klasse von Vorteil zu sein, darunter eventuell besonders Dabigatran. Größere Studien müssten ermitteln, ob sich dieser Vorteil bestätigen lässt. Somit sind Patienten, die wegen andererer Erkrankungen in antikoagulativer Behandlung sind, vermutlich teils vor den schwersten Folgen von COVID-19 geschützt.
[DOI: 10.1007/s11239-021-02486-4]
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