Struktur von Membranprotein eröffnet Möglichkeiten für Antibiotika

Ein Forschungsteam des Fachbereichs Chemie der Universität Hamburg hat das Membranproteins FoxB in dem Krankenhauskeim „Pseudomonas aeruginosa“ untersucht und herausgefunden, dass es dabei beteiligt ist, Eisen von der Umwelt in die Bakterien zu transportieren. Die Ergebnisse könnten dabei helfen, Antibiotika zielgerichteter in die die Zellen der Keime zu tragen und wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

Die meisten Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilze benötigen Eisen zum Überleben. Allerdings ist dieses aufgrund seiner physikalisch-chemischen Eigenschaften schwer löslich, so dass es über die Membranen nicht aufgenommen werden kann. Viele Bakterienarten sowie einige Pilze sind deshalb in der Lage, sogenannte Siderophore zu bilden, die in der Lage sind, Eisenionen zu binden und sie in einem löslichen Zustand halten. Sobald ein solcher Komplex gebildet ist, können die gebundenen Eisenkomplexe über die äußere Membran von den Bakterien aufgenommen werden. Der anschließende Weg der Molekülkomplexe durch die innere Membran der Bakterien unterscheidet sich jedoch bei vielen Arten und ist oftmals nicht im Detail bekannt.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fachbereichs Chemie der Universität Hamburg haben den Weg der Molekülkomplexe nun in dem Stäbchenbakterium Pseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) analysiert. P. aeruginosa ist ein Keim, der in feuchten Milieus wie Duschen, Waschbecken oder Beatmungsschläuchen vorkommt. Er kann in einigen Desinfektionsmitteln überleben, ist gegen bestimmte Antibiotika resistent und zählt zu den häufigsten Krankenhauskeimen. Zum Spektrum der durch P. aeruginosa ausgelösten Erkrankungen zählen unter anderem Pneumonien, Harnwegs- und Hautinfektionen sowie Infektionen des Auges.

Für die Studie hat das Forschungsteam die Struktur des Membranproteins FoxB von P. aeruginosa analysiert und herausgefunden, dass es bei der Aufnahme von Eisen beteiligt ist. Unterstützt hat dabei auch die künstliche Intelligenz namens AlphaFold2, die von Forscherinnen und Forschern der britischen Firma DeepMind entwickelt wurde. Sie kann die Strukturen von Molekülen präzise vorhersagen und half den Hamburger Forscherinnen und Forschern, den Aufbau und damit auch die Funktion von FoxB zu entschlüsseln.

„Es hat sich gezeigt, dass FoxB kein Transportprotein ist, sondern eine Reduktase. Es reduziert Eisen-III zu Eisen-II, so dass dieses dann durch die innere Membran aufgenommen werden kann“, sagt Henning Tidow, Professor am Fachbereich Chemie der Universität Hamburg. Die Struktur zeigte eine neuartige Faltung mit zwei fest gebundenen Häm-Molekülen, welche für den Reduktionsmechanismus essentiell sind.

Die Auflösung der Struktur sowie die Funktion könnte auch einen neuen Weg darstellen, Antibiotika zielgerichtet in die Zellen der Bakterien zu bringen: Die Strukturuntersuchungen des Forschungsteams sowie vorhergehende Arbeiten zum Transport durch die äußere Membran haben ergeben, dass die Bindestellen für das Siderophor ausreichend Platz bietet, um ein Antibiotikum anzudocken. Dieses könnte dann zusammen mit dem Komplex durch die Membranen transportiert und so spezifisch von den Zellen aufgenommen werden. „Das ist auf jeden Fall ein Ansatz, den wir weiterverfolgen werden“, sagt Tidow. „Die Frage ist, ob es in der Zelle wieder von dem Komplex abgespalten werden kann und dort auch bleibt. In der Regel gehen Antibiotika gut in Zellen herein, werden aber schnell wieder entfernt. Das wird eine der Herausforderungen für uns werden.“

Originalpublikation:

I. Josts, K. Veith, V. Normant, I. J. Schalk, and H. Tidow,
Structural insights into a novel family of integral membrane siderophore reductases,
PNAS 118, No. 34 e2101952118 (2021).
DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2101952118