Vernarbung bei verengten Herzklappen verringern – DZHK-Studie startet
Trotz erfolgreicher Behandlung ihrer verengten Aortenklappe mittels kathetergestützter Aortenklappenimplantation (TAVI) haben Patienten mit einem stark vernarbten Herzen ein deutlich erhöhtes Risiko innerhalb des ersten Jahres danach zu sterben. Bislang erhalten die Patienten keine medikamentösen Behandlungen, die einer Vernarbung entgegenwirken. Eine neue Studie des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) prüft nun erstmals für zwei Medikamente, ob sie die Vernarbung bei diesen Herzklappenpatienten reduzieren können.
Wenn die Aortenklappe verengt ist, kann das Herz nicht mehr ausreichend Blut in den Körper pumpen. Um das Herz-Kreislauf-System zu stabilisieren, starten Umbauprozesse im Herzen. Das gesunde Herzgewebe wird durch funktionsloses Bindegewebe ersetzt, das Herz vernarbt (Herzmuskelfibrose). Daraus entwickelt sich eine Herzschwäche. Bei einer fortgeschrittenen Klappenverengung erhalten die Patienten eine neue Aortenklappe, um den fortschreitenden krankhaften Umbauprozessen entgegenzuwirken. Gerade bei älteren Menschen hat sich hierfür in den letzten zehn Jahren der kathetergestützte Aortenklappenersatz (TAVI) als schonende Alternative zum chirurgischen Eingriff durchgesetzt.
Trotz erfolgreichem Eingriff sterben 20 Prozent der Patienten innerhalb des ersten Jahrs nach TAVI. Prof. Miriam Puls und Prof. Elisabeth Zeisberg von der Universitätsmedizin Göttingen haben in einer Vorstudie untersucht, welche Rolle dabei die Herzmuskelfibrose spielt. Sie fanden heraus, dass sich diese offenbar durch den Ersatz der Klappe allein nicht vollständig zurückbilden kann. Das Ausmaß der Herzmuskelfibrose beeinflusst aber, wie schnell sich das Herz vom Herzklappenfehler erholen kann, und spielt eine wichtige Rolle für das Langzeitüberleben der Patienten und den Verlauf ihrer Herzschwäche.
Mit der Studie REDUCE-MFA-DZHK25 wollen die beiden Studienleiterinnen nun überprüfen, ob zwei anti-fibrotische Medikamente eine Vernarbung des Herzens nach TAVI verringern und die Prognose der Patienten verbessern können. Neben der Universitätsmedizin Göttingen nehmen deutschlandweit 17 weitere Zentren an der Studie teil. Anfang 2022 werden erste Patienten in die Studie aufgenommen.
„Wir wissen schon lange, dass Fibrose auch bei anderen Herzerkrankungen ein Hauptgrund dafür ist, dass Patienten sterben. Trotz dieses großen Problems gibt es zurzeit keine anti-fibrotischen Behandlungen für Herzpatienten“, so Zeisberg.
Alte Bekannte, neuer Einsatz
Für die Studie werden vor einer geplanten TAVI mithilfe einer Magnetresonanztomographie des Herzens (Herz-MRT) Patienten mit einem stark vernarbten Herzen identifiziert. Anschließend werden sie per Zufallsverfahren einem der drei Behandlungsarme zugeteilt, in denen sie entweder eine optimale Standardtherapie oder außerdem noch antifibrotische Medikamente erhalten. Eine Gruppe bekommt dafür zusätzlich Spironolacton. Dieses Medikament kann fibrosefördernde Gene abstellen und wird bei bestimmten Formen der Herzschwäche verabreicht. Allerdings ist sein anti-fibrotischer Effekt noch nicht klar bewiesen und bei Herzklappenpatienten wurde es noch nicht eingesetzt.
Eine zweite Gruppe erhält neben Spironolacton ein weiteres Medikament, das bereits seit 60 Jahren gegen Bluthochdruck eingesetzt wird: Dihydralazin. Zeisberg und ihre Arbeitsgruppe haben herausgefunden, dass Dihydralazin in geringer Dosierung einer Fibrose entgegenwirken kann. Es aktiviert Fibrosesuppressorgene, das sind Gene, die eine Fibrose unterdrücken können. Bei gesunden Menschen sind diese Gene aktiv und verhindern, dass das Gewebe vernarbt. Sie können aber auch stillgelegt werden. Verantwortlich dafür sind epigenetische Mechanismen, bei denen die DNA der Gene methyliert ist und ihre Informationen damit nicht mehr abgelesen werden können. Die Fibrose kann sich dann ungehemmt ausbreiten. Diese Mechanismen sind umkehrbar, zum Beispiel durch Dihydralazin, das alte Medikament gegen Bluthochdruck.
„Sprionolacton hemmt fibrosefördernde Gene und Dihydralazin aktiviert Fibrosesuppressorgene, deshalb hoffen wir gerade bei der Kombination der beiden Wirkstoffe einen deutlichen Effekt zu sehen“, so Oberärztin Puls.
Nach zwölfmonatiger Behandlung mit der Studienmedikation erfolgt eine erneute Untersuchung der Herzmuskelfibrose mittels MRT, um den Therapieerfolg einschätzen zu können.
Ausgewählte Patienten, individuelle Dosierung
Die Studie ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer personalisierten Medizin. Denn nur Patienten mit einer ausgeprägten Herzmuskel-Vernarbung, erhalten die antifibrotischen Medikamente. Außerdem wird die Dosis des Bluthochdruckmedikaments individuell angepasst, da sein Wirkstoff unterschiedlich schnell verstoffwechselt wird. Zu welchem Stoffwechseltyp ein Patient gehört, können die Forscherinnen anhand einer Blutprobe ermitteln. Sie überprüfen auch, ob bestimmte Biomarker im Blut geeignet sind, das Ausmaß einer Fibrose vorherzusagen.
„Die Studie ist vor allem durch das DZHK möglich“, sagt Zeisberg. „Da es sich um alte Medikamente handelt, die nur wenige Cent kosten, sind diese Fragestellungen für die Pharmafirmen nicht attraktiv.“
Sollten die Medikamente einen positiven Effekt zeigen, wäre das der Startschuss für deutlich größere Studien, deren Ergebnisse die Behandlung der Patienten ändern könnten.
Studientitel: Effect of anti-fibrotic therapy on regression of myocardial fibrosis after transcatheter aortic valve implantation (TAVI) in aortic stenosis patients with high fibrotic burden – REDUCE-MFA-DZHK25